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US-Wahl Was Trumps Sieg für EU und Nato bedeutet

Im Wahlkampf präsentierte sich Donald Trump nicht gerade als Anhänger der transatlantischen Zusammenarbeit.

Von Verena Schmitt-Roschmann und Ansgar Haase, dpa 09.11.2016, 09:37

Brüssel (dpa) l Donald Trumps Wahl zum US-Präsidenten bedeutet für die Europäische Union und die Nato vor allem: Unsicherheit. Letztlich weiß in Brüssel kaum jemand, was vom künftigen Staats- und Regierungschef für die transatlantische Politik der Vereinigten Staaten zu erwarten ist. Doch dürften schwierige Zeiten anstehen zwischen den lange so engen Partnern USA und Europa. Denn Trumps Maxime lautet: "Amerika zuerst".

Welchen US-Präsidenten haben sich EU und Nato gewünscht?

Auch wenn nicht jeder seine Meinung öffentlich äußerte: In Brüssel ist kein Spitzenpolitiker bekannt, der Trump am Dienstag die Daumen gedrückt hätte. EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte es mit den Worten seiner Frau: "Ein Donald ist genug". Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ging inhaltlich auf Distanz zu Trump. Noch deutlicher wurde vor der Wahl EU-Parlamentspräsident Martin Schulz: "Trump ist nicht nur für die EU ein Problem, sondern für die ganze Welt."

Was bedeutet seine Wahl für die Nato?

Europäische Nato-Partner wie Deutschland müssen sich wohl darauf einstellen, deutlich mehr Verantwortung zu übernehmen. Trump kritisierte im Wahlkampf, Amerika trage eine zu große Last, er werde von den Verbündeten verlangen, mehr für die eigene Verteidigung zu tun – vor allem finanziell. Dies hat zwar auch Barack Obama getan. Trump tritt jedoch entschiedener auf. Spannend ist vor allem die Frage, ob der 70-Jährige die Abschreckungspolitik der Nato gegenüber Russland unterstützt. Die Signale im Wahlkampf waren gemischt. Zur laufenden Aufrüstung in Osteuropa wegen der Ukraine-Krise fragte Trump unter anderem: "Warum sind immer wir diejenigen, die in der Führung sind?"

Welche Politik hat die EU von Präsident Trump zu erwarten?

Trump hat dazu wenig gesagt und man kennt ihn in Brüssel auch nicht: Nach Angaben der EU-Kommission gab es im Wahlkampf keine Kontakte zum Kandidaten. Der Politikwissenschaftler Thomas Wright attestiert Trump aber tiefe Skepsis gegen die bisherige Außen- und Bündnispolitik der USA. US-Regierungen seit dem Zweiten Weltkrieg haben die EU als großes Einigungsprojekt gewürdigt und gefördert. Trump ätzte im Juli, die Gemeinschaft sei nur gegründet worden, um "die USA beim Geldverdienen auszustechen". Insgesamt dürfte die Distanz zu Europa wachsen. Der Republikaner formulierte seine Priorität in einer Grundsatzrede ganz klar: "Amerika zuerst wird das große und überragende Thema meiner Regierung sein."

Wie steht es nun um das Handelsabkommen TTIP?

Trump lehnt Globalisierung und Freihandel grundsätzlich ab, und das bedeutet wohl: TTIP ist tot. Allerdings spielte das geplante US-Freihandelsabkommen mit der EU, das 45 Prozent des globalen Handels und ein Drittel der globalen Wirtschaftskraft umfassen würde, im Wahlkampf fast keine Rolle, wie die Denkfabrik European Policy Centre analysiert. Anders als Freihandelszonen mit Niedriglohnländern tauge der geplante Pakt mit Europa nicht zur "Dämonisierung". Es gibt also keine wirklich eindeutige Festlegung und somit Hintertürchen für TTIP – allerdings wohl nur theoretisch.

Gibt Trumps Wahl europäischen Rechtspopulisten Auftrieb?

Das wird zumindest befürchtet. Die Rückbesinnung aufs Nationale, auf Eigen- und Einzelinteressen treibt auch in europäischen Ländern große Minderheiten um, so etwa in den Niederlanden, Frankreich, Italien, Ungarn und auch in Deutschland. Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber wertete die US-Wahl deshalb als Weckruf. "Wir müssen die Sorgen und Ängste der Menschen stärker aufnehmen und seriös und sachlich darauf reagieren. Wir dürfen das Feld nicht den Radikalen in aller Welt überlassen." Doch gilt auch: Wenn die US-Regierung unter Trump weltweit weniger aktiv ist, wächst der EU global mehr Gewicht zu. Und das könnte ein Anreiz sein, sich zusammenzuraufen, ob nun in Verteidigungs-, Wirtschafts- oder Migrationsfragen.

Wann kommt Trump zum ersten Mal nach Europa?

Zur Eröffnung des neuen Nato-Hauptquartiers in Brüssel soll es in der ersten Hälfte 2017 ein Gipfeltreffen geben. Seine Teilnahme könnte Trump mit Besuchen in anderen EU-Hauptstädten verbinden.