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Ferkel sterben im Hitze-Stau

Hunderte Ferkel im Todeskampf - diese Beobachtung machte am Donnerstag eine Autofahrerin auf der A 2 an einem Schweinetransporter, der im Stau stand. Die Polizei hat inzwischen die Ermittlungen zu einer polnischen Firma aufgenommen.

Von Matthias Fricke 08.08.2015, 01:01

Magdeburg l Als Edith Gehrmann aus dem Landkreis Harz am Donnerstagabend bei Magdeburg auf die Autobahn 2 auffährt, läuft der Verkehr noch. Doch einige Kilometer vor der Landesgrenze zu Brandenburg steht alles. Neben ihr auf der Fahrbahn steht ein Transporter mit Ferkeln. Dieser hat samt Anhänger offenbar Hunderte Tiere an Bord, verteilt auf mehrere Etagen.

Edith Gehrmann ist entsetzt: „Die Geräusche waren unerträglich. Für die Ferkel ging es ums Überleben.“ Sie steigt aus dem Wagen und geht zu dem Transporter. Durch die Gitterstäbe sieht sie die ersten toten Ferkel. Die Zeugin: „Sie lagen regungslos da, das Maul war offen, die Augen geschlossen. Die anderen Ferkel standen auf ihnen und versuchten noch Luft durch die Gitter zu bekommen. Die Tiere standen auf dem heißen Blech.“

Auf der Armatur ihres Wagens werden zu dieser Zeit noch 33,5 Grad Celsius angezeigt. Die Autofahrerin geht zu dem Fahrer. „Doch er reagierte nicht mal auf meine Handzeichen“, sagt sie. Mit dem Handy fotografiert Edith Gehrmann den Transporter und das Kennzeichen.

Gegen 20.30 Uhr alarmiert sie die Polizei. Danach telefoniert sie mit der Rettungsleitstelle im Land Brandenburg und noch einmal mit der Polizei. Als sie gegen 21.30 Uhr in Wollin von der Autobahn abfährt, wartet dort bereits ein Löschzug der freiwilligen Feuerwehr. Auch die Polizei kommt dazu. Doch der Transporter ist spurlos verschwunden.

„Er ist vermutlich schon vorher von der Autobahn gefahren und hat die Landstraße genommen“, sagt Polizeisprecher Uwe Becker vom Revier Harz. In seiner Dienststelle hat die Zeugin gestern ihre Zeugenaussage gemacht. Nach den ersten Ermittlungen werde nun alles an das Land Brandenburg weitergeleitet.

Johannes Stoye vom Autobahnpolizeirevier Börde: „Wenn wir von solchen Fällen erfahren, kümmern wir uns. Der Transporter wird dann durch den Stau geleitet und von der Feuerwehr mit Wasser versorgt.“ Kontrolliert würde bei solcher Witterung selten, weil die Tiere ohne Fahrtluft noch mehr leiden würden.

Detlef Thiel vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt: „Es gibt ganz klare Regelungen, so etwas hätte nicht passieren dürfen.“ EU-Transporte über acht Stunden benötigen spezielle Lkw mit Temperatur­überwachung und Lüftung. Das wird auch im Datenschreiber festgehalten. Die Lüftungssysteme müssen bei Stau oder Motorausfall noch vier Stunden funktionieren.

Agrarpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion Dorothea Frederking: „Wir fordern, die innerdeutsche Transportzeit der Tiere mit Be- und Entladen auf vier Stunden zu begrenzen. EU-Transporte dürften nicht länger als acht Stunden dauern.“ Seite 4