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Textilindustrie Viele gute Vorsätze

Der Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes am 24. April 2013 sollte zum Weckruf für die Textilbranche Bangladeschs werden. Was hat sich getan?

Von Nazrul Islam 22.04.2016, 23:01

Dhaka (dpa) l Der Schweiß läuft den rund 200 Männern und Frauen in einer Textilfabrik in Bangladesch über die Gesichter. Über ihren Köpfen drehen sich Deckenventilatoren in stickig-heißer Luft. In dieser kleinen Fabrik in Fatulla, etwa eine Autostunde südlich der Hauptstadt Dhaka, wird für europäische Firmen produziert – die T-Shirts tragen die Aufschriften französischer, spanischer, italienischer und finnischer Marken.

An einem ähnlich heißen Tag vor drei Jahren brach am 24. April in Bangladesch das Rana-Plaza-Gebäude zusammen, in dem mehrere solcher Textilfabriken untergebracht waren. Mehr als 1100 Menschen starben, rund 2500 wurden verletzt. Es war das schlimmste Fabrikunglück in der Geschichte des südasiatischen Landes. Danach sollte alles besser werden: stabilere Gebäude, mehr Feuerschutz, unversperrte Ausgänge, mehr Gewerkschaften.

Doch die neuen Sicherheitsstandards werden keineswegs überall eingehalten. Die kleine Fabrik in Fatulla, untergebracht im ersten Stock eines fünfstöckigen Gebäudes, hat keinen Notausgang und keine Sprinkleranlage. Auch werden die vorgeschriebenen Brandschutzübungen nicht durchgeführt, es gibt keine Kinderbetreuung und keine Gesundheitsstation.

„Wir versuchen, irgendwie zu überleben“, sagt der 35 Jahre alte Geschäftsführer, der seinen Namen nicht nennen will, aus Furcht, dann die europäischen Auftraggeber zu verlieren. „Die Käufer wollen es billig haben, und wir versuchen, dem Rechnung zu tragen.“ Er versuche ja, die Regeln einzuhalten. Aber finanziell sei das nicht drin.

Druck ausgeübt wird zum Beispiel vom Aktionsplan für Feuer- und Gebäudesicherheit. Das ist eine Initiative, zu der sich mehr als 200 internationale Auftraggeber zusammengeschlossen haben, darunter Adidas, Aldi, Esprit, Karstadt, Kik, Lidl, Metro, Otto, Puma, Rewe, S. Oliver, Tchibo. Sie wollen nur noch in Fabriken produzieren lassen, die sie mit eigenen Inspektoren vor Ort überprüft haben.

Rund 1600 von Bangladeschs etwa 4500 Textilfabriken wurden in den vergangenen drei Jahren so unter die Lupe genommen. Lediglich sieben Fabriken korrigierten gleich alle Sicherheitsrisiken; vor allem bei der Verbesserung der Bausubstanz sind die Erfolge gering. Ein weiteres Problem: Fabriken geben ihre Aufträge heimlich an Subunternehmer weiter – etwa an jene Fabrik in Fatulla.

Bei allen Schwierigkeiten geht es doch langsam voran. Im Jahr 2012 brannte es 250-mal in Textilfabriken. 2015 wurden nur noch 30 solche Feuer gezählt.