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Energiespeicher Immer mehr Unfälle durch Akkus

Überhitzte Energiespeicher von Handys oder E-Bikes sorgen für teils große Schäden.

25.03.2017, 00:00

Karlsruhe (dpa) l Für Samsung war es im vergangenen Jahr ein globales Milliarden-Desaster, für die Eltern zweier im US-Bundesstaat Pennsylvania verbrannter Mädchen vor einigen Tagen eine individuelle Katastrophe: Explodierende oder überhitzte Akkus von Handys, E-Bikes oder Hoverboards sorgen immer wieder für tragische Unfälle und erhebliche Schäden.

Rund fünf Milliarden Akkus wurden Zahlen des Instituts für Schadenverhütung und Schadenforschung (IFS) zufolge allein 2015 weltweit verkauft. Eine steigende Zahl elektrischer Geräte enthält wiederaufladbare Lithium-Ionen-Batterien – entsprechend häufen sich in Deutschland und weltweit Unglücke im Zusammenhang mit überhitzten Akkus.

Im US-Bundesstaat Pennsylvania starben in der vergangenen Woche zwei drei und zehn Jahre alte Mädchen bei einem Brand. Ein Hoverboard (zweispuriges Rollbrett ähnlich einem Segway ohne Lenkstange) war beim Aufladen des Akkus heiß geworden und hatte das Feuer in dem Haus ausgelöst.

Mitte März explodierten die batteriebetriebenen Kopfhörer einer Australierin auf dem Heimflug aus China und gingen in Flammen auf. Fotos zeigten versengte Haare und Rauchspuren am Hals und im Gesicht der Frau. Und der südkoreanische Elektronikkonzern Samsung hatte Millionen Smartphones zurückgerufen, nachdem mehrfach Geräte explodiert waren. Als Ursache wurden Fehler bei Design und Herstellung ausgemacht.

Ein grundsätzliches Problem mit der sehr ausgereiften Technologie von Lithium-Ionen-Batterien gebe es nicht, erklärt Werner Tillmetz vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW).

Allerdings seien gerade die Handy-Akkus inzwischen an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt; mehr Spielraum nach oben gebe es kaum. „Der Nutzer hat immer extremere Anforderungen, will immer online sein, das ist brutal, das geht mit keiner Batterie der Welt“, betont Tillmetz. „Eventuell sind in verschiedenen Produkten Batterien an ihrer thermischen Grenze“, meint auch Ralf Diekmann, Sprecher für Produktsicherheit beim TÜV Rheinland. Gerade in den Handys werde eine weitere Miniaturisierung immer schwieriger.

Außerdem, so Tillmetz, könnten die extreme Nachfrage und der hohe Wettbewerb auch zu Produktionsfehlern führen. „Handy-Akkus werden mit irrsinniger Geschwindigkeit von zehn Stück pro Minute produziert – bei diesen filigranen Bauteilen dann keine Fehler zu machen, ist eine riesige Herausforderung für den Hersteller.“ Diese sitzen fast alle in Asien, die größten in Südkorea und Japan.

Nicht nur wegen der schieren Zahl der Akku-betriebenen Geräte wachse die Gefahr von Zwischenfällen. Hauptgrund für Unglücke seien Fehler bei der Anwendung und falsche Behandlung, erklärt TÜV-Experte Diekmann.

„Feuchtigkeit, Überlastung, extreme Temperaturen vertragen Akkus nicht“, sagt er. Handys würden auf die Fensterbank in die Sonne gelegt, E-Bikes bei Minustemperaturen vor der Haustür stehengelassen. Im Februar brannte beispielsweise ein ganzes Fahrradgeschäft in Hannover wegen eines defekten E-Bike-Akkus aus. „Akkus brauchen eine Art Wohlfühltemperatur zwischen etwa zehn Grad und nicht ganz 30 Grad“, sagt Diekmann. Auch würden oft Ladegeräte verwendet, die für das jeweilige Gerät nicht vorgesehen oder zugelassen seien.

Ein weiteres Problem: schlechte Qualität durch Billiganbieter. „Im Massenmarkt tauchen auch Hersteller auf, die bei einem Hype – etwa den Hoverboards – mitmischen wollen, ohne das Know-how zu haben.“ Diekmanns Rat: nach geprüften Produkten mit deutscher Gebrauchsanweisung und Herstelleradresse schauen. Und: „Möglichst nicht auf dem Wochenmarkt oder online von unbekannten Herstellern kaufen.“