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Pädophilen-Netzwerk Prozess um Missbrauch von 13 Jungen

Angeklagte sollen Jungen aus sozial schwachen Familien an Freier vermittelt haben. Die Ermittler gehen von einem Netzwerk in Berlin aus.

03.02.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Sie verbergen ihre Gesichter hinter silberglänzenden Mappen vor den Kameras: Die 51 und 53 Jahre alten Angeklagten sollen zum Kern eines Pädophilen-Netzwerkes gehört haben, das sieben Jahre lang in Berlin aktiv gewesen sein soll. Ihre mutmaßlichen Komplizen, 78 und 80 Jahre alt, sind zu krank für einen Prozess. Um mehr als 400 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch geht es seit gestern vor dem Berliner Landgericht. In Untersuchungshaft sind die mutmaßlichen Täter nicht.

Es sind 13 Jungen, die in der Anklage als Geschädigte genannt werden, sechs Jahre alt das jüngste Opfer. „Die Jungen stammten aus wirtschaftlich prekären und dissozialen familiären Verhältnissen.“ Die Angeklagten hätten dies gezielt ausgenutzt, „indem sie den Jungen Geld für den Geschlechtsverkehr gaben“, heißt es in der Anklage. Mal habe es dafür 15 Euro gegeben, mal 20 oder 50 Euro. Im Netzwerk seien Kinder an Freier weitergereicht worden. Mutmaßliche Taten in der Zeit von Juli 2002 bis Ende 2009 sind in der Anklage aufgelistet.

Die beiden Männer sitzen still neben ihren Verteidigern. Der 51-Jährige gilt als Hauptangeklagter. 376 Fälle werden ihm zur Last gelegt. Damals soll er ein Bauunternehmer gewesen sein, der mit seiner Mutter in einem Einfamilienhaus im Landkreis Oberhavel lebte. „Marco“ und „Markus“ seien seine Aliasnamen im mutmaßlichen Netzwerk gewesen. In einem grünen Kleinbus habe er junge Opfer abgeholt, sich an ihnen vergangen, sie zu anderen Pädophilen gebracht. Im April 2015 wurde „Marco“ verhaftet. Nach acht Wochen wurde er gegen Auflagen von einer weiteren Untersuchungshaft verschont. Flucht- oder Verdunklungsgefahr wurde nicht befürchtet.

Für den 53-Jährigen ist es nicht neu, als Angeklagter im Gerichtssaal zu sitzen. Der ehemalige Polizist war 45 Jahre alt, als er wegen sexuellen Missbrauchs zu dreieinhalb Jahren verurteilt wurde. Über mehrere Jahre hinweg hatte er sich an drei Opfer vergangen. In 25 Fällen wurde er verurteilt. Seine Anwältin sagt: „Er hat vollständig verbüßt und eine Therapie gemacht.“ Nun werden ihm 46 Taten zur Last gelegt.

Das Verfahren war aus nicht genannten Gründen zunächst bei der Justiz ins Stocken geraten. Bereits im Juli 2011 seien die Ermittlungsakten an die Staatsanwaltschaft gegangen, aber bis Herbst 2014 nicht bearbeitet worden, heißt es im Antrag einer Verteidigerin.