Bauindustrie "Zu wenig Kompetenz"

Wolfgang Finck, Präsident des Bauindustrieverbandes Sachsen-Anhalt, kritisiert die Vergabe von Bauaufträgen durch die öffentliche Hand.

24.07.2015, 23:01

Herr Finck, bei öffentlichen Bauten wird der Wettbewerb zwischen den Bauunternehmen vor allem durch den Preis entschieden. Sie halten das für falsch. Warum?

Wolfgang Finck: Der Preis darf bei einer Auftragsvergabe nicht das entscheidende Kriterium sein. Ich finde die Einbeziehung qualitativer Kriterien in die Wertung der Angebote muss im Vordergrund stehen und damit die Wirtschaftlichkeit des Bauprojekts über seinen gesamten Lebenszyklus. Der zuständige Verwaltungsbeamte im Baudezernat einer Stadt oder einer Kommune entscheidet aber meist nur nach dem Preis. Das ist bedauerlich und für alle nachteilig.

Warum ist das so?

Bei vielen Mitarbeitern in den Verwaltungen ist zu wenig Kompetenz vorhanden, um überhaupt beurteilen zu können, ob es sich um ein gutes, wirtschaftliches Angebot handelt oder nicht. Den Mitarbeitern fehlt aber nicht nur das technische Wissen, sondern auch der Mut. Wir beobachten, dass viele Beamte den Weg des geringsten Widerstandes gehen, weil sie gegenüber ihren Vorgesetzten Rechenschaft ablegen müssen. Sie sichern sich ab, indem das günstigste Angebot genommen wird.

Wie wollen Sie das verändern?

Der Staat braucht mehr Bauherrenkompetenz. Die öffentliche Hand hat ihre Personalstruktur immer weiter ausgedünnt. Es gibt zu wenige gut ausgebildete Leute. Aus vielen Bauherrenaufgaben zieht sich der Staat zurück. Der Staat ist selber schuld, wenn sich Bauarbeiten in die Länge ziehen, weil Firmen pleite gehen, die bei ihren Aufträgen zu knapp kalkuliert haben. Eigentlich brauchen sich die Bauverwaltungen lediglich an die VOB (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) als Richtlinie zur Vergabe von Bauaufträgen halten. Dort ist ganz klar festgelegt, dass der Wirtschaftlichste den Zuschlag erhält, nicht der Günstigste. Zum Beispiel sind Qualität und Nebenangebote stärker zu berücksichtigen. Es muss sich also nicht das Regelwerk verändern, sondern wir brauchen mehr Kompetenz und Mut in den Verwaltungen.

Auch Bauunternehmen in Sachsen-Anhalt müssen sich verändern. Seit Jahren geht die Anzahl der Lehrlinge zurück. Wie wollen Sie den Trend stoppen?

Wir müssen als Baubranche doppelt klotzen und die Werbetrommel rühren. Leider ist das Bild vom Bau unter den jungen Leuten nicht das Beste. Dreck und Lärm, frühes Aufstehen und körperlich anstrengende Arbeit schreckt viele ab. Die Betriebe sind selbst gefragt, um sich attraktiv zu machen. Viele gehen in Schulen vor Ort, um bereits früh eine Bindung zu potentiellen Lehrlingen aufzubauen. Einige Firmen bieten ihren Auszubildenden spezielle Boni, etwa eine zusätzliche Altersvorsorge, die Finanzierung des Führerscheins oder ein Smartphone. Das sind Kleinigkeiten, aber da müssen Unternehmen erfinderisch sein.

Hilft Ihnen bei der Bewältigung des Fachkräftemangels auch die Digitalisierung?

Ja. Durch die vielen Automatismen und Arbeiten, die von Computern abgenommen werden, bieten sich durchaus Einsparpotentiale. Durch die Erhöhung der Produktivität, die mit dem digitalen Wandel einhergeht, können wir durchaus den Fachkräftemangel ein Stück weit auffangen.