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Mittelstand Kessel aus Köthen für Russland

Die Kesselbauer in Köthen sind im Russlandgeschäft erfolgreich.

Von Thomas Schöne 02.09.2015, 23:01

Köthen (dpa) l In der Halle steht ein riesiger Zylinder aus Stahl. Er weist an den Seiten unzähligen Löcher auf, in die Arbeiter lange Rohre schieben. Dann wird geschweißt. „Das ist ein konventioneller Gasbrennkessel mit zwei Flammrohren“, erklärt der Geschäftsführer der VKK Standardkessel Köthen GmbH, Lars Velde. Das Teil hat 26 Megawatt Leistung oder anders ausgedrückt, es produziert 30 Tonnen Dampfdruck. „Der Kessel ist für Russland bestimmt“, sagt Velde.

Kessel aus Köthen sind seit 150 Jahren auf dem Markt. Aktuell liegt der Jahresumsatz des Unternehmens bei mehr als 40 Millionen Euro. Der Betrieb hat 247 Beschäftigte, wovon 139 Mitarbeiter am Haupt- standort in Köthen und 108 in der Niederlassung in Duisburg arbeiten.

Die aktuellen Turbulenzen in Russland tangieren die Geschäftsbeziehungen des Unternehmens kaum. „Es gab nie Schwierigkeiten, gerade die Russen haben immer pünktlich gezahlt, meist schon, bevor der Kessel gebaut wurde“, berichtet der Geschäftsführer. „Kessel stehen nicht auf der Embargoliste. Natürlich müssen wir bei unseren Geschäften fragen, aber ansonsten gibt es keine Probleme.“

Das sieht auch der Fachverband Anlagenbau (FDBR/Düsseldorf) so. „Die Firma in Köthen ist mit Innovationen gut auf dem globalen Markt vertreten. Die Produkte stimmen, das Unternehmen ist gesund und erfolgreich im Russland-Geschäft tätig. Das ist nicht selbstverständlich in einem Markt, wo andere die Bücher zumachen“, sagt der Vorstandsvorsitzende Reinhard Maaß.

„Unser Ziel ist es, die Geschäftsbeziehungen mit Russland in der Zukunft noch auszubauen. Dieser Markt hat für uns eine große Perspektive“, sagt Geschäftsführer Velde. Weil Russland seine Energieversorgung auf lokaler Ebene ausbaut, ist der Bedarf an Kesseln riesig. Die Kapazitäten in Köthen sind aber begrenzt, deshalb denkt Velde über eine Lizenzierung seiner Produkte nach. Eine Entscheidung wird in den nächsten Wochen fallen.

Überhaupt ist der mittelständische Betrieb bestrebt, das Geschäft außerhalb Deutschlands auszuweiten. „Der Export soll in den nächsten fünf Jahren von derzeit drei bis fünf Prozent auf 10 bis 15 Prozent steigen“, sagt Velde. „Der Hauptmarkt ist Deutschland und die EU. Aber wir liefern auch nach China, Indonesien, in den arabischen Raum und aufgrund der Lage leider nur vereinzelt nach Syrien.“ Nachdem sich die Beziehungen zum Iran mittlerweile bessern, versprechen sich die Köthener Kesselbauer auch Geschäfte mit diesem Land. „In früheren Zeiten wurden viele Kessel in den Iran geliefert“, sagt Velde.

Insgesamt verlassen jährlich 80 bis 85 Kessel das Köthener Werk. An jedem Stück wird etwa acht bis zehn Wochen gearbeitet. „Der Vorteil ist, dass wir als Komplettanbieter individuell auf die jeweiligen Kundenwünsche eingehen können. Die Konkurrenz baut eher Kessel von der Stange“, sagt Velde.

Zum Beispiel benötigten die Stadtwerke Leipzig speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Kessel. „Im Juni wurden zwei Kessel, jeder sieben Meter hoch und zehn Meter lang, mit einem Spezialkran über das geöffnete Dach in ein Kesselhaus gebaut. Damit sind wir auf dem neuesten Stand der Technik und können effizient Fernwärme für die Wohnungen in Leipzig bereitstellen“, sagt Stadtwerke-Sprecherin Nicole Rühl.

Neben Schwertransporten auf der Straße nutzt die Firma auch Schiffe für den Transport. Dabei ist der in rund 14 Kilometern Entfernung liegende Elbe-Hafen in Aken (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) von großem Vorteil. Immerhin wiegen die Kessel bis zu 130 Tonnen. „Ein Transport auf dem Wasserweg ist dann die günstigste Variante“, sagt Velde.