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Produktpiraterie Chinesen kopieren Magneten aus Magdeburg

Das Magdeburger Unternehmen BT innovation geht gegen Plagiate vor. Produktpiratierie kostet die Wirtschaft jedes Jahr Milliarden.

09.10.2015, 23:01

Magdeburg l Felix von Limburg muss selbst genau hinsehen, um das Original von der Fälschung zu unterscheiden. Auf dem Tisch vor ihm liegen zwei Spezialmagneten, die beim Gießen von Betonblöcken eine wichtige Rolle spielen. Die Magneten halten die Schalungen zusammen, in die der Beton gegossen wird und anschließend aushärten muss.

„Auf unserem Magneten ist ein Schriftzug und eine Seriennummer eingraviert, das unterscheidet ihn vom Plagiat“, erklärt von Limburg. Der Inhaber von BT innovation hat die Fälschung seiner Erfindung vor eineinhalb Jahren im Handel entdeckt. Wie sich herausstellte, ist damals eine Firma aus Estland auf die Idee gekommen, einen Magneten in Magdeburg zu kaufen, um ihn dann in China nachbauen zu lassen. Die Plagiate vertrieben die Esten dann in Russland, Polen und Deutschland.

Produkt-Piraterie wie diese ist kein Einzelfall. Besonders stark ist der Maschinen- und Anlagenbau in Deutschland betroffen. Der Branchenverband VDMA schätzt den Schaden durch Plagiate allein hier auf jährlich 7,9 Milliarden Euro, Tendenz steigend.

Auch der Zoll geht von Milliarden-Schäden für die deutsche Wirtschaft aus, nur selten werden die Ermittler allerdings fündig. 2013 haben die Beamten bundesweit lediglich Waren im Wert von 134 Millionen Euro gestoppt. Dabei handelte es sich vorwiegend um Schuhe. Maschinen und Werkzeuge machten einen geringeren Anteil aus. In Sachsen-Anhalt ist das Bild ähnlich. Das Hauptzollamt Magdeburg hat zuletzt in 312 Fällen Waren gestoppt.

Hauptherkunftsland von Plagiaten ist wie auch im Fall von BT innovation China. Der Grund liegt auf der Hand: Im Reich der Mitte haben viele inzwischen das Know-how, auch hochwertige Produkte zu kopieren. Und das machen sie zu vergleichsweise geringen Löhnen. Den kopierten Magneten etwa konnte die Firma aus Estland rund 100 Euro günstiger anbieten. Bei BT innovation kostet der echte Magnet pro Stück 228 Euro.

Felix von Limburg geht davon aus, dass ihm wegen der Plagiate Geschäfte von mehreren 10 000 Euro entgangen sind. Für das Unternehmen, das im Jahr rund acht Millionen Euro Umsatz macht, ist das durchaus ein ärgerlicher Schaden. Von Limburg konnte allerdings der estnischen Firma gerichtlich verbieten, weitere Plagiate zu vertreiben. Bereits 2001 hatte der Firmenchef ein Patent auf die Magnettechnologie angemeldet, nur ihm steht seither das Vertriebsrecht zu.

„Für mein Unternehmen ist es wichtig, Erfindungen patentieren zu lassen“, betont er. Die Entwicklung von Bauspezialartikeln sei kompliziert und teuer, das Abkupfern der Artikel hingegen oft leicht und günstig. „Allein in diesem Jahr hat BT innovation bereits rund 180 000 Euro für Marken- und Schutzrechte ausgegeben.“

Die Kosten sind auch deshalb so hoch, weil es wie im Fall des Magneten nicht ausreicht, ein deutsches Patent anzumelden. Da BT innovation Kunden in 70 Ländern beliefert, braucht von Limburg Patente, die für alle wichtigen Märkte gelten. Andernfalls kann er Produkt-Piraten gerichtlich nicht belangen.

Diese Erfahrung musste der Firmenchef erst kürzlich in Australien machen. Von Limburg ging bei der Patentierung des Magneten nicht davon aus, dass es auch dort Firmen gibt, die sich für seine Erfindung interessieren könnten. Er ließ seinen Magneten dort nicht rechtlich schützen.

Tatsächlich fand sich aber auch dort ein Hersteller, der prompt abkupferte. In diesem Fall hat der Magdeburger Unternehmer jedoch Glück im Unglück, die Australier können seinen Magneten allein schon wegen der Wechselkurse nicht so günstig produzieren wie er selbst.

Die Durchsetzung von Patentrechten ist mühselig. „Man muss sich auch vorher genau überlegen, in welchem Land man gegen Patentverstöße klagt“, erklärt von Limburg. In manchen Staaten hätten die Gerichte bislang nur wenig Erfahrung mit Patentklagen.

Hinzu kommen die Kosten. Um die Geschäfte der Firma aus Estland per Unterlassungserklärung zu stoppen, musste er rund 15 000 Euro an Anwalts- und Verfahrenskosten aufbringen. Kein Wunder also, dass viele kleine Firmen sowohl die Kosten für die Anmeldung von Patenten als auch die Kosten für ihre Durchsetzung oft scheuen.

Unternehmen wie BT innovation können jedoch auch aus Image-Gründen nicht über Plagiate hinwegsehen. Denn diese sind qualitativ oftmals schlechter. Der gefälschte Magnet etwa hat 25 Prozent weniger Haftkraft als das Original. Wenn Kunden dann nicht wissen, dass sie ein Plagiat nutzen, kann es im Zweifelsfall zu Unfällen kommen.

Neben technischen Erfindungen sind auch Produktmarken stets im Fokus von Plagiatoren. Von Limburg hat sich deshalb auch die Rechte seiner hauseigenen Marken gesichert. Insgesamt besitzt er inzwischen mehr als 50 Schutzrechte für Erfindungen und Marken.