Hugo-Junkers-Preis Aus der Kraft der Natur

Magdeburger Forscher können hochreine Raps-Proteine isolieren. Dafür sind sie am Dienstagabend mit dem Hugo-Junkers-Preis prämiert worden.

15.12.2015, 17:49

Magdeburg l Die Wissenschaftler von der Pilotanlage Pflanzenöl-Technologie Magdeburg (PPM) sind für das Verfahren am Dienstagabend in Merseburg mit dem Hugo-Junkers-Preis in der Kategorie „Chemie und Bioökonomie“ ausgezeichnet worden. Den Wissenschaftlern ist es gelungen, einzelne Proteine aus der Rapssaat zu isolieren: Erstmals können die Eiweiße Napin und Cruceferin in hoher Reinheit gewonnen werden. Bislang ist die Auftrennung der einzelnen Proteine nicht möglich gewesen. „Wir wenden das Verfahren bei uns in der Pilotanlage an und verkaufen die Eiweiße über einen Online-Händler, der Labor-Produkte anbietet“, erklärt Frank Pudel, Geschäftsführer der PPM.

Nach dem aufwendigen Prozess bestehen die Proteine in Form von weißem Pulver. In der Nahrungsmittel-Industrie können die Moleküle etwa als Ersatzstoff für tierische Eiweiße eingesetzt werden. „Die Speicherproteine haben eine Wirkung, die Menschen satt macht“, sagt Pudel. Doch den Magdeburger Forschern schwebt weit mehr vor als die Nutzung als Nahrungsmittel. Die Proteine könnten auch als Bindemittel für Unternehmen aus der Biochemie, Pharmazie und Kosmetik interessant sein. „Das Verfahren ist teuer. Die Proteine einfach nur als Füllstoff einzusetzen, wäre Verschwendung“, sagt Pudel.

Der 59-Jährige und seine Kollegen produzieren die Eiweiße derzeit noch im Labor-Maßstab. Wann es tatsächlich zu einer industriellen Verwendung der Proteine kommt, ist nicht abzusehen. Die PPM hält das Patent an dem Verfahren, will das Know-How an den Meistbietenden verkaufen. „Wir befinden uns in Verhandlungen mit einem internationalen Konzern“, sagt Pudel. Mit weiteren Details hält er sich bislang noch zurück.

Die Methode zur Produktion der hochreinen Proteine ist für Pudel allerdings nur die Spitze des Eisbergs. Er geht davon aus, dass der Markt für die isolierten Eiweiße gerade einmal fünf Prozent der Rapsprotein-Herstellung umfassen wird. Den Hauptumsatz werden die Allround-Rapsproteine ausmachen – also ein Gemisch aus den beiden Eiweißen Napin und Cruceferin. Das sei auch eine Kostenfrage. Pudel: „Ein normales Raps-Misch-Protein wird etwa bei drei bis fünf Euro pro Kilogramm liegen.“ Die hochreinen Moleküle könnten sogar zwischen 50 und 100 Euro je Kilogramm einbringen, schätzt der Forscher.

Pudel ist ehrgeizig. Die Produktion der einfachen Raps-Eiweiße will er am liebsten in der Magdeburger Region halten. An der Ölmühle in Kroppenstedt könnte bis 2017 eine Demoanlage aufgebaut werden, um größere Mengen der Rapsproteine produzieren zu können. „So könnten wir der Industrie zeigen, dass das Verfahren funktioniert. Unser Plan ist außerdem, Unternehmen Produktmuster zur Verfügung zu stellen – zum Testen und zur Entwicklung von neuen Produkten“, erklärt Pudel.

Der Verfahrenstechniker ist seit Gründung der PPM im Jahre 1993 dabei. Ein Jahr später wurde Pudel auch der Geschäftsführer des wissenschaftlichen Instituts. 20 Mitarbeiter werben jährlich gemeinsam mit Industriepartnern aus dem In- und Ausland rund 1,5 Millionen Euro Forschungsbudget ein. „Wir sind keine Schreibtischtäter, sondern Praktiker. Das schätzt die Industrie“, sagt Pudel. Die PPM in Magdeburg ist deutschlandweit die einzige Versuchsanlage zur Gewinnung und Verarbeitung von Pflanzenölen und –proteinen im Pilotmaßstab.