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Zinsdebakel Sparkasse will Altverträge loswerden

Die Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld will hochverzinste Sparverträge loswerden, die Verbraucherzentrale klagt dagegen.

11.02.2016, 23:01

Bitterfeld l Wer dieser Tage ein Bankkonto eröffnet, bekommt für sein Geld kaum Zinsen. Kein Grund zur Klage hatten bislang allerdings diejenigen, die ihr Erspartes schon vor vielen Jahren zu festen, besseren Konditionen angelegt haben. Wie etwa ein Teil der Kunden der Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld.

In den 90er Jahren haben sie sich für das Programm „Prämiensparen flexibel“ entschieden. Die Verträge sahen neben ordentlichen Zinszahlungen auch ein Bonusmodell für jährlich eingezahlte Beträge vor. Binnen 15 Jahren sollte der Bonus auf 50 Prozent anwachsen, bei manchen Verträgen gar auf 90 Prozent nach 25 Jahren.

Das bedeutet: Wer 1999 einen Vertrag abgeschlossen hat und 2015 beispielsweise monatlich 100 Euro einzahlte, der bekam einen Jahresbonus von 600 Euro obendrauf. Manch einer könnte auf die Langfristsparer nun neidisch werden, doch die haben kaum noch Grund zur Freude.

Für die Kreissparkasse sind die Altverträge inzwischen ein Verlustgeschäft, weil sie die hohen Renditen nicht mehr erwirtschaften kann. Das Geldhaus hat deshalb 2500 von 17 500 Sparverträgen gekündigt. Mehr als 100 betroffene Kunden haben sich daraufhin an die Verbraucherzentrale gewendet. Die will nun eine Verbandsklage gegen die Sparkasse anstrengen. „Nach unserer Auffassung sind die Kündigungen in vielen Fällen unrechtmäßig“, erklärt Gabriele Emmrich von der Rechtsabteilung der Verbraucherzentrale. „Oftmals haben die Kunden die höchste Zinsstaffel ja noch gar nicht erreicht.“ Und zudem hätte die Sparkasse beim Abschluss der Verträge Zinsrisiken mit einrechnen müssen.

In Bitterfeld sieht man das anders. Die Sparkasse beruft sich auf das Recht, Verträge mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist auflösen zu dürfen. Zudem würden die Kunden alternative Angebote erhalten, betont Sparkassen-Sprecher Andreas Czaja gegenüber der Volksstimme. Letztendlich wird aber ein Gericht darüber befinden müssen.

Hoffnung macht den Sparkassen-Kunden ein Urteil aus Baden-Württemberg. Dort hatte die Sparkasse Ulm Prämiensparverträge namens „Scala“ aufgekündigt. Allerdings zu Unrecht, wie das Oberlandesgericht Stuttgart feststellte. Um ein weiteres Verfahren vor dem Bundesgerichtshof zu vermeiden, einigte sich die Sparkasse schließlich mit den Kunden auf einen Vergleich. Die Streitfälle lassen sich allerdings nur bedingt vergleichen. In den „Scala“-Verträgen der Sparkasse Ulm war eine feste Vertragslaufzeit festgeschrieben worden, in den meisten Verträgen der Kreissparkasse Bitterfeld jedoch nicht. Die Laufzeit war aber für das Gericht ein wichtiger Grund, zugunsten der Bankkunden zu urteilen.

Glücklich über die Vertragskündigungen der Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld scheint aber selbst der Ostdeutsche Sparkassenverband nicht zu sein. Auf Volksstimme-Anfrage erklärt Sprecherin Cosima Ningelgen, „wir haben aus den Medien von den Kündigungen erfahren, wir wurden vorher nicht gefragt.“ Sie betont weiter, dass es bislang im gesamten Verbandsgebiet keine weiteren Fälle von Vertragskündigungen geben würde.

Ob das so bleibt, ist jedoch fraglich. Die Sparkasse Magdeburg wollte Kündigungen auf Anfrage nicht ausschließen. Und der Druck bleibt groß. Manche Finanzexperten rechnen damit, dass die Europäische Zentralbank erst in zwei Jahren wieder über eine Zinserhöhung nachdenken wird. Und das auch nur, wenn sich die Konjunktur in Europa weiter erholt. Die Sparkassen müssen also mit einer anhaltenden Durststrecke rechnen und überlegen, wie sie die zugesagten Renditen weiter erwirtschaften wollen.