Hannover Messe Schäden auf der Spur

Aussteller aus Sachsen-Anhalt zeigen ihre Ideen zur Wartung von Windkraftanlagen.

24.04.2016, 23:01

Magdeburg/ Hannover l Die Hannover Messe ist die größte Industrieschau der Welt: Einer der Schwerpunkte wird die vorausschauende Wartung sein. Neue Maschinen sollen dem Betreiber vor Ausfällen Schwachstellen aufzeigen. Aus Sachsen-Anhalt kommen Innovationen, mit denen Windenergie-Anlagen überwacht werden können.

Fast 2700 Windenergie-anlagen erzeugen in Sachsen-Anhalt Strom. Das Land liegt bei der installierten Windkraftleistung bundesweit auf Platz vier. Bislang ist die Wartung und Inspektion der Wind-Riesen ein Job in luftiger Höhe: Servicetechniker stehen auf einer Plattform oder hängen an einem Seil und suchen nach Rissen und Abplatzungen auf der Oberfläche der Rotorblätter. Eine Arbeit mit Risiko. Kein Wunder, dass sich kluge Köpfe in Sachsen-Anhalt mit neuen Konzepten zur Wartung der bis zu 200 Meter hohen Kolosse beschäftigen.

Auf der am Montag beginnenden Hannover Messe wird von einem Magdeburger Forschungsnetzwerk eine Drohne präsentiert, die von den Entwicklern liebevoll „Inspektokopter“ getauft wurde. Das Fluggerät, das unter der Leitung des Zentrums für Produkt-, Verfahrens- und Prozess- innovation (ZPVP) in Magdeburg entstanden ist, soll nach Schäden fahnden, die Wind und Wetter auf der Oberfläche von Rotorblättern verursacht haben könnten. „Die Hannover Messe ist die Chance, Kontakte zu potenziellen Kunden zu knüpfen und mit ihnen die weitere Optimierung und Feldversuche durchzuführen“, erklärt Sigrid Salzer, die in den vergangenen Jahren das Projekt koordiniert hat.

Seit nahezu drei Jahren tüfteln Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus Sachsen-Anhalt und anderen Bundesländern an dem technischen Helfer. Die Gesamtkosten für die Drohne und für einen weiteren Roboter, der Schäden im Inneren eines Rotorblattes begutachten soll, betragen rund 2,5 Millionen Euro. Sie werden durch die Projektpartner und durch eine Millionen-Spritze des Bundeswirtschaftsministeriums getragen. Doch die öffentliche Förderung läuft Ende des Monats aus – auch deswegen schaut sich das Netzwerk nach Kunden um.

Eine andere Idee zur Wartung von Windkraftanlagen verfolgt Michael Schulz. Er hat in Halle das Unternehmen Indalyz Monitoring & Prognostics (IM&P) gegründet. Die Stromerzeuger werden bereits heute permanent von Sensoren überwacht, die etwa den Maschinenschall der Anlage messen. Die Schallwellen sind charakteristisch für jedes Windrad und verraten, wie der technische Zustand der einzelnen Komponenten ist. Schulz hat eine Software entwickelt, die diese Daten sammelt, analysiert und von ihnen lernt. Das Programm erstellt dazu von jeder Windenergieanlage ein Modell. In diesem virtuellen Ersatzsystem können die Techniker dann an der Zeitschraube drehen.

„Das Prognose-System trainiert sich dabei selbst. In dieser Komplexität gab es das noch nicht. Wir können ein halbes Jahr im Voraus vorhersagen, ob ein Bauteil einer Windkraftanlage ausgetauscht werden muss“, erklärt der 57-Jährige, der an Hochschulen in Chemnitz und Ulm seit vielen Jahren zum Thema Künstliche Intelligenz forscht.

Schulz hat sein System bereits einem Dauertest unterzogen. 800 Anlagen in ganz Deutschland sind seit 2012 überwacht worden. Nur 0,5 Prozent der aufgetretenen Fehlfunktionen von Komponenten seien vom System nicht frühzeitig erkannt worden, sagt Schulz. Neben Windrädern könne die Prognose-Software auch für Schienenfahrzeuge und Motoren sowie für Turbinen von Kraftwerken verwendet werden. Schulz hat IM&P im Oktober des vergangenen Jahres gegründet. Derzeit hat die Firma fünf Mitarbeiter.