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Fricopan-Schließung Höppner: „Katastrophe für die Region“

Ein Aushang überbrachte die schlimme Nachricht für rund 500 Mitarbeiter: Der Backwarenhersteller Fricopan in Klötze wird geschlossen.

05.05.2016, 23:01

Klötze l In zwei Zeilen wurden die Mitarbeiter am Mittwoch über das bevorstehende Aus informiert. Das Werk müsse aus „wirtschaftlichen Gründen“ geschlossen werden, teilte der Mutterkonzern Aryzta mit, zu dem Fricopan seit 2008 gehört. Der Betriebsrat sei aufgefordert worden einen Sozialplan für die 516 Mitarbeiter auszuarbeiten, sagte Betriebsratsvorsitzende Gerda Hentschel der Volksstimme. „Wir sind sehr überrascht und enttäuscht“, so Hentschel weiter. Sie habe den Landtagsabgeordneten der Linken und Gewerkschafter Andreas Höppner um Hilfe gebeten.

Höppner war bis November 2015 mehrere Jahre lang Betriebsratsvorsitzender. Er sagte: „Das ist eine Katastrophe für die Region.“ Das Durchschnittsalter der Belegschaft betrage 48 Jahre. Viele Mitarbeiter seien seit mehr als zehn Jahren im Unternehmen tätig. Fricopan produziert seit 1996 im Klötzer Ortsteil Immekath – zuletzt mit einem Umsatz von rund 80 Millionen Euro.

Die Gründe für die Schließung wollte Fricopan-Sprecher Günther Lindinger auf Volksstimme-Anfrage nicht nennen. Man wolle am Montag zuerst die Belegschaft informieren.

Ex-Betriebsrat Höppner erhebt schwere Vorwürfe gegen Aryzta: „Der Konzern hat Immekath Stück für Stück ausbluten lassen.“ Denn: Seit 2013 gehört dem Tiefkühlbäcker Aryzta aus der Schweiz auch der Großbäcker Klemme in Eisleben (Landkreis Mansfeld-Südharz). Im vergangenen Jahr ist dort für 100 Millionen Euro ein neues Werk in Betrieb genommen worden. Vom Land flossen fünf Millionen Euro Fördermittel in den Bau. Teile der Produktion aus Klötze sind seitdem in das Eisleber Klemme-Werk verlagert worden. „Dort stehen viel weniger Mitarbeiter an den Maschinen als bei uns“, sagte Fricopan-Betriebsrätin Gerda Hentschel. In Immekath soll zuletzt nur noch an fünf der zehn Anlagen produziert worden sein.

Der deutsche Backwarenmarkt ist umkämpft. Neben den Handwerksbäckern stehen auch Großbäckereien unter gewaltigem Kostendruck. Ende 2015 hatte der Dortmunder Back-Konzern Lieken das Aus für mehrere deutsche Standorte verkündet. Auch in Weißenfels (Burgenlandkreis) sollen 250 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren. Gleichzeitig entsteht in Wittenberg eine neue Fabrik, in der ab 2017 rund 130.000 Tonnen Brot pro Jahr hergestellt werden sollen. Alle Mitarbeiter aus Weißenfels sollen einen Job am neuen Standort angeboten bekommen, teilte das Unternehmen damals mit.

Am Montagmorgen werden ein Geschäftsführer des Aryzta-Konzerns sowie die Personalchefin für Deutschland in Klötze erwartet. „Wir hoffen, dass uns die Geschäftsführung Jobs in Eisleben anbieten wird“, sagte Gerda Hentschel. Doch viele Mitarbeiter haben eine Familie, haben ein Haus gebaut in der Altmark. Zwischen Klötze und Eisleben liegen gut zwei Stunden Fahrzeit.