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Ägypten Männer fahren Taxi, Frauen Uber

Frauen in Ägypten nutzen die Popularität des Online-Fahrdienstleisters, um in eine Männerdomäne vorzudringen.

Von Benno Schwinghammer 16.05.2017, 23:01

Kairo (dpa) l Rehab Mahran ist Teil einer ägyptischen Revolution und muss dafür einiges einstecken. Männer reagieren auf sie erst einmal ungläubig, manchmal ablehnend. Manche haben Angst. Einer warf ihr sogar Sünde vor. Warum der Aufruhr? Weil Mahran Auto fährt. Besser gesagt: Uber. Sie ist eine der ersten Fahrerinnen des Internet-Fahrdienstes in Ägypten.

An den Steuern ägyptischer Taxis oder Limousinen sitzen Männer. Das war immer so und wird auch immer so bleiben. Dachten die Männer jedenfalls. Die Gesellschaft am Nil ist konservativ und von patriarchalischen Vorurteilen und Gepflogenheiten geprägt. Eine davon ist die Männerdomäne hinter dem Lenkrad. „Und ich habe mich entschieden, diese Grenzen zu übertreten“, sagt Mahran und lässt beim Lachen ihren Goldschmuck hin- und herbaumeln.

Mahrans Geschichte ist auch die des Fahrdienstes Uber, der im Nahen Osten gerade einen Boom erlebt. Die App aus dem Silicon Valley, über die in Deutschland in den vergangenen Jahren so viel gestritten wurde, ist in Ägypten auf immer mehr Smartphones installiert. Benutzer können damit Autos via GPS dorthin rufen, wo sie gerade sind, und sich zu einer ebenfalls eingegebenen Adresse fahren lassen.

Seit Uber im Herbst 2014 auch in dem bevölkerungsreichsten Land der arabischen Welt an den Start ging, haben sich dort schon etwa 50 000 Fahrer angemeldet. Darunter sind nun auch einige Hundert Frauen. Für den jugendlichen Chef von Uber Ägypten, Abdellatif Waked, geht es bei der Zulassung von weiblichen Fahrern um eine Chancengleichheit in der Gesellschaft. „Frauenförderung ist eines unserer Hauptanliegen“, sagt der 29-Jährige.

Für das Riesen-Unternehmen Uber ist Ägypten einer der am schnellsten wachsenden Märkte auf der Welt. Das weckt Begehrlichkeiten, die an den Streit um Uber in Deutschland erinnern: Die Taxifahrer-Gewerkschaft will den Dienst gerichtlich verbieten lassen. Der Prozess läuft momentan vor einem Verwaltungsgericht in Kairo. Noch weitere Probleme gibt es: „Eine Herausforderung ist, dass die technische Grundlage hier nicht dieselbe ist wie in den Vereinigten Staaten“, sagt Waked. Uber greift online auf Karten-Informationen zu. Mit dem 20-Millionen-Moloch Kairo aber – einem Verkehrsdesaster, dessen Ausmaße im Silicon Valley ungekannt sind – ist selbst das Internet manchmal überfordert.

Dabei hat Uber in Ägypten einen Vorteil, der noch stärker ins Gewicht fällt als in anderen Ländern: Die Sicherheit für Frauen vor Belästigungen. Die sind in Ägypten so schlimm wie fast nirgendwo sonst. Was den Tätern hilft, ist die Anonymität. Bei Uber – wie auch beim Konkurrenten Careem – aber werden die Daten jeder Fahrt aufgezeichnet. Die Identitäten von Fahrer und Gast, aber auch genaue Zeiten und Orte der gemeinsamen Fahrt. Das schafft Sicherheit.

Die war auch Rehab Mahrans Bedenken: „Meine größte Sorge als Fahrerin war die Sicherheit. Schließlich würde ich auch in der Nacht arbeiten und Fremde neben mir im Auto sitzen haben“, sagt sie. Doch in wirklich brenzlige Situationen sei sie noch nicht gekommen. Einige Männer würden anfangen zu flirten. Andere hätten Vorurteile gegenüber ihren Fahrkünsten. Doch wenn sie merkten, dass sie einen guten Job mache, verstumme die Kritik oft.

Die meisten männlichen Gäste verhielten sich dabei respektvoll. Und in ihrem Auto gehe auch ein anderes männliches Privileg verloren, erzählt sie: Wenn Ehepaare einsteigen, verlangten die Frauen von ihren Männern immer öfter, dass diese hinten Platz nehmen. Mahran ist klar, warum: Die Damen seien eifersüchtig und säßen deshalb lieber selbst vorne – neben der Frau am Steuer.