Analyse Neue Regeln im Spiel

Nach dem Streit zwischen Volkswagen und zwei Zulieferern verschiebt sich das Machtgefüge in der Autoindustrie.

25.08.2016, 23:01

In diesen Tagen laufen die Bänder der stillgelegten Golf-Produktion bei Volkswagen in Wolfsburg wieder an. Der Streit mit zwei Zulieferern hat tief am Selbstverständnis des Automobilbauers gekratzt. Denn Volkswagen musste mit seinen eigenen Regeln brechen, um den Konflikt zu lösen.

Seit vielen Jahren lief es im Spiel zwischen Konzern und Zuliefererfirmen so: Der mächtige Hersteller diktiert die Konditionen. Die Zulieferer hatten sich dem gewaltigen Kostendruck zu fügen. Denn für Volkswagen ist der Einkauf eine zentrale Erfolgsgröße. Im vergangenen Jahr hatte der Konzern ein Einkaufsvolumen von 149 Milliarden Euro. Gelingt es den Einkäufern nur ein Prozent der Kosten einzusparen, steigt der Konzerngewinn um 1,5 Milliarden Euro. Allenfalls großen Zuliefererkonzernen wie Continental oder Bosch ist es gelungen, sich dem Kostendiktat zu entziehen. Für kleine Mittelständler galt: Wer nicht spurt, wird ersetzt.

Bis jetzt. Mit der öffentlich ausgetragenen Auseinandersetzung in den vergangenen Tagen ist es zwei vergleichsweise kleinen Zulieferern gelungen, das Muster zu durchbrechen. Das Verhalten der beiden Firmen könnte anderen Unternehmen ein Vorbild sein. Zugute kommt ihnen dabei ein Trend der letzten Jahre: Die Automobilhersteller bauen immer weniger Teile selbst. Vereinzelt stammt bis zu 70 Prozent der Wertschöpfung von Zulieferern.

Für Volkswagen ist es nun an der Zeit, die neuen Regeln im Spiel zu erkennen. Das „single sourcing“ muss abgeschafft werden. Für Teile, die bislang nur von einem Lieferanten produziert wurden, müssen Alternativen gefunden und Aufträge künftig doppelt vergeben werden. Für den Volkswagen-Konzern, dessen Image durch den Streit erneut gelitten hat, könnte es noch an anderer Stelle problematisch werden: Wenn die Teile-Menge auf mehrere Zulieferer verteilt wird, dürfte der Preis pro Teil steigen. Und VW der nächste Konflikt bevorstehen.