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Arbeitsmarkt Hartz-IV-Sanktionen wirken

Wenn es vom Staat kein Geld mehr gibt, suchen sich vor allem Jugendliche schneller einen Job.

08.02.2017, 23:01

Magdeburg l Nach dem Prinzip „fördern und fordern“ verlangt der Staat von Arbeitslosen, dass sie freie Stellen oder Weiterbildungen annehmen müssen, um möglichst schnell wieder zurück ins Arbeitsleben zu finden. Wer ohne plausible Begründung zu Hause bleibt, wird vom Jobcenter bestraft.

Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat im Rahmen einer neuen Studie ermittelt, dass die Sanktionen vor allem bei jungen Hartz-IV-Empfängern unter 25 Jahren erzieherische Wirkungen entfalten. Bei alleinlebenden Empfängern, die sanktioniert werden, liegt die Abgangsrate in Beschäftigung demnach doppelt so hoch wie bei jenen, die nicht sanktioniert werden. Bei Personen, die in Bedarfsgemeinschaften leben, wirken die Strafen etwas weniger, meistens weil sie dann Hilfen von Dritten erhalten.

Dass gerade Jugendliche sich schneller wieder einen Job suchen, hat einen Grund. Leisten sie sich gegenüber dem Jobcenter eine Pflichtverletzung, etwa weil sie eine zumutbare Beschäftigung ablehnen, werden ihnen für bis zu drei Monate sämtliche Hartz-IV-Bezüge gestrichen. Lediglich die Kosten der Unterkunft werden ihnen dann noch erstattet.

Bei wiederholten Pflichtverletzungen innerhalb eines Jahres werden ihnen auch noch die Unterkunftskosten gestrichen. Wenn sie dann niemanden haben, der ihnen finanziell aushilft, droht ihnen die Obdachlosigkeit.

Bei Leistungsempfängern über 25 Jahren greift der Staat dagegen nicht ganz so hart durch. Bei einem ersten Vergehen werden ihnen die Bezüge lediglich um 30 Prozent gekürzt, bei einem weiteren Fehler um 60 Prozent. Erst bei einer dritten Pflichtverletzung innerhalb eines Jahres werden älteren Empfängern auch die Unterkunftskosten vorübergehend gestrichen.

Die Nürnberger Arbeitsmarktforscher halten die Sanktionen trotz ihrer Wirkung aber nur in Maßen für sinnvoll. Denn nicht jeder findet in der größten Not sofort einen Job. Meist ist dieser dann schlechter bezahlt und die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Jugendliche wenig später wieder arbeitslos meldet, steigt. Hinzu kommt, dass jene, die erst einmal ihre Wohnung verloren haben, es noch viel schwerer haben, sich wieder ein geregeltes Alltagsleben aufzubauen. Bei ihnen steigt dann auch die Gefahr, dass sie auf die schiefe Bahn geraten.

In Sachsen-Anhalt müssen derzeit 1100 Jugendliche mit reduzierten oder gestrichenen Geldern über die Runden kommen, insgesamt leben derzeit rund 5800 Hartz-IV-Empfänger mit Sanktionen der Jobcenter.

Kay Senius, Chef der Bundesagentur für Arbeit in Halle, betont allerdings, dass Sanktionen eher die Ausnahme als die Regel bilden. Lediglich 4,3 Prozent der Hartz-IV-Empfänger unter 25 Jahren müssten mit Sanktionen zurechtkommen. Über alle Altersgruppen betrachtet beträgt die Sanktions-Quote 3,2 Prozent.

„Für uns steht die vertrauensvolle Zusammenarbeit im Vordergrund, nicht Sanktionen“, betont Kay Senius. „Gerade bei Jugendlichen führen Vollsanktionen zu erheblichen Einschränkungen der Lebensbedingungen.“ Deshalb müssten sie auch künftig die Ausnahme bleiben.