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Autobauer Kartellverdacht verschärft die Dieselkrise

Die Autobauer könnten ein dickes Problem bekommen. Konzerne sollen sich über Jahre abgesprochen haben. Was heißt das für den Dieselskandal?

23.07.2017, 23:01

Hannover/Berlin (dpa) l Der Verdacht geheimer Absprachen deutscher Autobauer zum Schaden von Verbrauchern und Zulieferern überschattet die Debatte über die Zukunft des Diesels. Branchenbeobachter reagierten am Wochenende alarmiert auf einen „Spiegel“-Bericht, demzufolge Vertreter von Volkswagen, Audi, Porsche, BMW und Daimler sich schon seit den 90er Jahren gemeinsam über Technik, Kosten und Zulieferer verständigt haben sollen.

Trifft dies zu, steht illegales Kartellverhalten im Raum. Damit können etwa Preise künstlich hoch gehalten werden. VW-Chef Matthias Müller forderte derweil eine bundesweite Lösung im Streit um Diesel-Fahrverbote. Hierzu ist am 2. August eine Spitzenrunde in Berlin geplant. Die Unternehmen wollten sich zu den Vorwürfen bisher nicht näher äußern, Daimler und BMW sprachen von „Spekulationen“.

Der „Spiegel“ stützte seine Darstellung auf einen Schriftsatz, den Volkswagen auch für Audi und Porsche bei den Wettbewerbshütern eingereicht haben soll. Daimler habe ebenfalls eine „Art Selbstanzeige“ hinterlegt. Das Bundeskartellamt erklärte: „Details laufender Verfahren können wir nicht kommentieren.“ Die EU-Kommission in Brüssel hat inzwischen erklärt, die Kartellvorwürfe gegen die deutschen Autobauer prüfen zu wollen.

Der Vorwurf wiegt schwer. Mehr als 200 Mitarbeiter der Autobauer sollen sich seit den 90er Jahren in geheimen Arbeitskreisen abgestimmt und auf diese Weise den Wettbewerb behindert haben.

Für die weitere Aufarbeitung des Abgas-Skandals bei VW und die Debatte um die Zukunft des Diesels allgemein drohen die Recherchen zur Belastung zu werden. Denn bei den angeblichen Absprachen soll es unter anderem um die Technik zur Reinigung von Diesel-Abgasen gegangen sein – und um die Festlegung auf kleinere, aber billigere Tanks für das Mittel AdBlue. Dies ist eine Substanz, mit deren Hilfe gefährliche Stickoxide in Wasser und Stickstoff aufgespalten werden.

Laut „Handelsblatt“ findet sich unter den von der Staatsanwaltschaft München II bei Durchsuchungen im VW-Konzern, in Wohnungen und bei der US-Kanzlei Jones Day beschlagnahmten Unterlagen eine Präsentation von Audi namens „Clean Diesel Strategie“. Darin sei 2010 von einem „Commitment der deutschen Automobilhersteller auf Vorstandsebene“ die Rede. Es betreffe den Einbau kleinerer AdBlue-Tanks.

Hintergrund der neuen Vorwürfe sind dem „Spiegel“ zufolge Ermittlungen wegen des Verdachts auf Absprachen von Stahlpreisen. Das Kartellamt hatte im Sommer 2016 Büros von Autobauern und Zulieferern durchsucht.

Infografik: Anteil der Diesel-Autos sinkt | Statista Mehr Statistiken finden Sie bei Statista