Biodiesel-Prozess Chefin ahnungslos

Das Landgericht Magdeburg muss im Prozess um Steuerhinterziehung von mindestens 13 Millionen Euro noch eine Menge Aufklärungsarbeit leisten.

12.01.2016, 23:01

Magdeburg l Johanna S. gab sich am Dienstagmorgen im Landgericht Magdeburg ahnungslos: „Es hieß immer, dass Biodiesel produziert werden sollte. Ich sollte die Verwaltung übernehmen. Für die technische Ausführung waren andere Leute zuständig“, sagte die 41-Jährige aus.

Die Polin übernahm im Januar vor sechs Jahren den Aufbau der Firma AS Gold in Burg (Landkreis Jerichower Land). Die Staatsanwaltschaft wirft Johanna S. und fünf weiteren Angeklagten nun Steuerbetrug in Höhe von mindestens 13 Millionen Euro vor. Denn nicht steuerbefreiten Biosprit soll das Unternehmen hergestellt und verkauft haben, sondern herkömmlichen Dieselkraftstoff. Seit Jahresbeginn wird den gebürtigen Polen in Magdeburg der Prozess gemacht.

Johanna S. ist vielleicht zu vertrauensselig gewesen. Schließlich habe ihr Cousin in Polen sie gebeten, eine Zweigstelle seiner Firma in Sachsen-Anhalt zu eröffnen. S. machte kurzerhand ihr privates Konto zum Geschäftskonto der AS Gold in Burg, richtete das Büro ein und stellte erste Mitarbeiter ein. Doch die wichtigen Entscheidung seien nicht von ihr selbst getroffen worden, berichtete sie vor Gericht. Der Kopf hinter der Unternehmung sei Zbigniew Z. gewesen – ihr Cousin. Gegen den Mann soll in Polen mittlerweile auch ermittelt werden.

Für die Produktion des Biokraftstoffs sollen zwei Männer zuständig gewesen sein, beide durch Z. ausgewählt. Doch was tatsächlich in den Tanks landete, sei für Johanna S. lange unklar gewesen. „Ich bekam nicht mit, was in der Produktion passierte. Da ich über keinerlei Fachkenntnisse verfügte, hat Z. alle Entscheidungen getroffen“, sagte sie und wies damit die Vorwürfe des Staatsanwaltes zurück, sie sei „sich jeder Tat bewusst gewesen“.

Staatsanwalt Bernd Blasczyk konnte das allerdings kaum glauben und erwiderte: „Sie blocken das alles ab und sagen, dass sei alles aus Polen gekommen. Aber Sie waren die Geschäftsführerin.“

Johanna S. berichtete, sie sei erst Ende des Jahres 2010 stutzig geworden und wollte aussteigen. Doch das sei nicht möglich gewesen. Drohungen habe Z. ausgesprochen, damit sie weiter bei AS Gold in Burg die Geschäfte führe. Ihr und den fünf Mitangeklagten legt die Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2010 und Juni 2011 insgesamt 566 Straftaten zur Last. Bei einer Verurteilung drohen den Beschuldigten, die zwischen 31 und 42 Jahre alt sind, zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Haft. Am Donnerstag wird der Prozess fortgesetzt.