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Brexit Olbricht: „Handel wird schwieriger“

Die Entscheidung der Briten, aus der EU auszutreten, hat ein Börsen-Beben ausgelöst. Auch in Sachsen-Anhalt sitzt der Schock tief.

24.06.2016, 23:01

Magdeburg l Für Sachsen-Anhalt ist Großbritannien der zweitwichtigste Export-Markt, dementsprechend herrschte am Freitag auch hier großes Entsetzen.

„Bei mir persönlich sitzt der Schock sehr tief“, sagt Klemens Gutmann, Sachsen-Anhalts Arbeitgeber-Präsident. „Als jemand, der viel im Ausland unterwegs ist und den europäischen Geist lebt, finde ich es entsetzlich, dass Großbritannien der EU den Rücken kehrt. Gutmann warnt jedoch vor Aktionismus. „Gerade die Unternehmen, die Verbindungen auf die britischen Inseln haben, sollten erst einmal abwarten, wie es jetzt weitergeht.“

In nächster Zeit macht sich Gutmann selbst ein Bild von der Lage im Empire. Er hat einen Sommerurlaub in Schottland gebucht – allerdings zu einer Zeit, als sich der Brexit noch nicht abzeichnete, betont er.

Überrascht ist auch Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Jörg Felgner (SPD). „Wir dürfen jetzt weder in Aktionismus, noch in Schockstarre verfallen“, erklärt er. „Welche Folgen der Brexit haben wird, zeigt sich erst in den kommenden Monaten. „Die meisten Firmen in Sachsen-Anhalt exportieren ja in verschiedene Märkte, sie dürften mögliche Rückgänge im England-Geschäft verkraften.“ Sollten Unternehmen jedoch in Schwierigkeiten geraten, könnten sie Hilfe und Rat bei den Kammern und im Ministerium einholen, betont Felgner.

Magdeburgs IHK-Präsident Klaus Olbricht geht davon aus, dass der Brexit Spuren hinterlassen wird. „Der deutsch-britische Handel wird jetzt schwieriger“, erklärt er. „Verträge müssen jetzt komplett neu aufgesetzt werden. Das verunsichert Unternehmen und könnte dazu führen, dass Investitionen verschoben werden.“ Panik sei allerdings ein schlechter Ratgeber.

Hinrich Holm, Vorstand der NordLB in Magdeburg, rechnet zwar generell mit Nachteilen für die Wirtschaft, glaubt aber nicht an große Einbrüche: „Wie sehr der Brexit schaden wird, hängt davon ab, wie sich die EU nun neu sortiert“, erklärt er. „Die lukrativen Märkte gibt es für Sachsen-Anhalt vor allem in Osteuropa, insofern ist es fürs Land wichtig, dass Brüssel ein gutes Verhältnis zu den östlichen Staaten pflegt.“

Holm geht davon aus, dass vor allem Großbritannien unter dem Brexit leiden wird und sich nun mit schwierigen Verhandlungen befassen muss. „Sich an Norwegen zu orientieren, bringt Großbritannien nicht weiter: Sie müssen viel einzahlen, bekommen abgesehen vom Zugang zum europäischen Binnenmarkt aber nichts zurück.“

Schon jetzt hat der Brexit Schaden verursacht, weltweit sind die Aktien-Indizes in den Keller gerauscht, Experten beziffern den Verlust an Marktkapitalisierung auf rund 4,5 Billionen Euro. Der Dax notierte zeitweise bei 9232 Punkten, knapp 1000 Punkte niedriger als am Vortag. Erst am Mittag erholten sich die Kurse wieder etwas. Einen Tiefenrausch erlebten zudem die Währungen Euro und Pfund. Die Gemeinschaftswährung büßte 3,5 Prozent ein, das britische Pfund fiel um elf Prozent auf den niedrigsten Stand seit 1985.

Dass die Reaktionen nicht noch heftiger ausfielen, lag auch an den Notenbanken. Der britische Notenbank-Chef Mark Carney erklärte gleich morgens, mehr als 250 Milliarden Pfund bereitzustellen, um die Funktionsfähigkeit der Märkte aufrechtzuerhalten. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) kündigte an, im Notfall zu intervenieren. Finanzexperten rechnen allerdings damit, dass es auch in der kommenden Woche noch zu weiteren Schwankungen auf den Finanzmärkten kommen könnte.