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Deutschlandreise Tourismusboom: Profitiert der Osten?

Fast alle Regionen in Deutschland wollen von der Lust am Heimaturaub profitieren. Bei manchen klappt das, anderswo hakt es.

30.08.2016, 23:01

Dresden/Cottbus/Magdeburg (dpa) l Tourismus kann Geld in manche Regionen bringen, nach Ansicht des Deutschen Tourismusverbands aber wegbrechende Wirtschaftszweige nur schwer ersetzen. „Das funktioniert nicht. Tourismus kann sowas nicht alleine auffangen“, sagte DTV-Sprecherin Sarah Mempel in Berlin der Deutschen Presse-Agentur. Das betreffe etwa Regionen, in denen Industrie verschwunden sei oder die Landwirtschaft nicht mehr so gut laufe wie früher. Auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg läuft das Geschäft - aber nicht alle Regionen profitieren gleichermaßen. Sachsen-Anhalt zeichnete im ersten Halbjahr besonders das Plus an internationalen Touristen aus. Sieben Prozent mehr Übernachtungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist Bundesspitze. Insgesamt gab es gut 16 000 zusätzliche Übernachtungen von ausländischen Gästen – viele davon kamen aus China.

Im Plus:

Wittenberg wächst: Die Region Anhalt-Dessau-Wittenberg verzeichnete im ersten Halbjahr 2016 mit den größten Zuwachs. 5,3 Prozent mehr Gäste kamen an. Das liegt an den Lutherstätten, die sich auf das Reformationsjubiläum vorbereiten, aber auch an den anderen Unesco-Weltkulturerbestätten Bauhaus und Gartenreich Dessau-Wöhrlitz, heißt es von der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt.

Hypezig lockt: Jede Menge Touristenbusse rollen durch die Straßen, volle Hotels zu Kongressen: „Hypezig“ macht seinem Namen alle Ehre. In der als jung und hip geltenden ostdeutschen Stadt Leipzig wächst nicht nur die Bevölkerung, sondern auch bei den Besucherzahlen geht es seit einigen Jahren immer nur aufwärts. Für 2015 vermeldete die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH (LTM) mit rund 2,83 Millionen Übernachtungen den zehnten Gästerekord in Folge.

Boomende Bäder: Wellness liegt im Trend. Das Vogtland hat in Sachen Tourismus still und leise aufgeholt: Die Region mit den sanften Hügeln an der Grenze zu Thüringen, Bayern und Tschechien hat in der ersten Jahreshälfte ein Plus von zwei Prozent bei den Ankünften und Übernachtungen verbucht. „Ganz starke Zuwächse gibt es in den Staatsbädern Bad Elster und Bad Brambach“, sagte der Geschäftsführer des Tourismusverbandes Vogtland, Andreas Kraus.

Spreewald legt zu: Eingelegte Gurke, Kahnfahrt und Heimatfeste der sorbischen und wendischen Minderheit – damit wirbt der Spreewald seit Jahren. Das Unesco-Biosphärenreservat zählt mit seinem kleinteiligen Wassernetz zu den beliebtesten Zielen in Brandenburg. Und es kommen immer mehr Touristen – aus dem In- und dem Ausland. Die Zahl der Übernachtungen stieg im ersten Halbjahr 2016 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nach Angaben des Statistischem Bundesamts um 11,3 Prozent auf mehr als 807 000. Viele Berliner machen einen Abstecher in die Region – auch ein Pluspunkt.

Im Minus:

Chemnitz verliert: Eigentlich sind Städtereisen gefragt wie nie – davon kann die dritte sächsische Großstadt Chemnitz aber nicht profitieren. Mit 228 000 Übernachtungen musste Chemnitz in den ersten Monaten des Jahres ein deutliches Minus von neun Prozent hinnehmen. Dabei gibt es einiges zu sehen: Das 40 Tonnen schwere Karl-Marx-Monument, auch „Nischel“ genannt, oder architektonische Perlen wie die Villa Esche nach Henry van de Velde. Insgesamt bleibt der Tourismus in Sachsen im ersten Halbjahr hinter den Erwartungen zurück, die Zahl der Übernachtungen stagniert.

Grenzgebiet schwächelt: Anders sieht es dagegen in Südbrandenburgs Grenzgebiet zu Polen aus: Die Region kann vom derzeitigen Boom nicht wirklich profitieren. Und das, obwohl der Spreewald als beliebtes Ausflugsziel gar nicht so weit weg ist. Woran liegt das? Der Tourismusverband Niederlausitz nennt als einen Grund, dass es an einem großflächigen und länderübergreifenden Marketingkonzept für die Lausitz fehle. Bei den Gästeankünften weist die Statistik für das erste Halbjahr ein Minus von 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum aus.

Thüringer Wald im Wettbewerb: Der Thüringer Wald ist mit Oberhof und dem fast 916 Meter hohen Inselsberg bei Tabarz Thüringens wichtigstes Tourismusgebiet. 1,4 Millionen Gäste, die 4,2 Millionen Übernachtungen buchten, kamen im vergangenen Jahr. Damit setzte sich der Rückgang bei den Übernachtungszahlen, der seit einigen Jahren anhält, fort. Die Region hat es zunehmende schwer, zu punkten – der Wettbewerb mit anderen Mittelgebirgsregionen wie dem Bayerischen oder dem Schwarzwald ist groß. Vor allem Jahre mit wenig Schnee wie 2016 machen den Hotels und Pensionen zu schaffen.

Altmark schwankt: Die Bundesgartenschau, die an vier Orten in Brandenburg und im sachsen-anhaltischen Havelberg zu sehen war, brachte eine Aufholjagd. Mit einem Übernachtungsplus von 21,2 Prozent verzeichnete der Kreis Stendal 2015 landesweit die höchsten Zuwächse. Danach gingen die Zahlen im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum aber zurück. 0,1 Prozent weniger Übernachtungen und sogar 4 Prozent weniger Ankünfte. Trotzdem ist man im Tourismusbüro zuversichtlich. Der Rückgang sei nach der Buga normal. „Der Radtourismus ist unser stärkster Bereich, gefolgt vom Reittourismus“, zählt Geschäftsführerin Mandy Hodum auf.