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Die Analyse Kampfansage der Wolfsburger Autobauer

Volkswagen stemmt sich gegen die Konkurrenz aus Kalifornien, geht dabei aber auch neue Risiken ein.

16.06.2016, 23:01

Der Markt für Elektroautos steckt in Deutschland noch immer in den Kinderschuhen, kaum einer will ein E-Fahrzeug haben: Zu teuer, zu lange Ladezeiten, zu geringe Reichweite, zu wenige Lademöglichkeiten. Dennoch hat sich VW-Chef Matthias Müller nun dazu entschlossen, den Volkswagen-Konzern auf Elektroautos zu trimmen.

30 neue, reine E-Modelle soll es bis 2025 geben, jährliches Absatzziel: Zwei bis drei Millionen Stück. Das ist vor allem eine knallharte Kampfansage gegen die Konkurrenz aus Kalifornien, insbesondere gegen Tesla und Google. Beide US-Firmen wollen mit Elektroautos und mit selbstfahrenden Fahrzeugen den Weltmarkt aufmischen. Und wer die Amerikaner kennt, der weiß: Dort wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Vor diesem Hintergrund sind auch die zweistelligen Milliarden-Investitionen zu sehen, die VW-Chef Matthias Müller in den kommenden Jahren tätigen will – er hält den Trend zur Elektromobilität inzwischen wohl für so unumkehrbar, dass sich nun auch ein Weltkonzern wie VW darauf einlassen muss.

Dennoch geht Müller auch ein erhebliches Risiko ein, denn ob sich bis 2025 tatsächlich mehr als zwei bis drei Millionen Kunden pro Jahr finden, die ein E-Auto haben wollen, ist längst keine ausgemachte Sache. Abgesehen davon, dass VW bis dahin noch technische Schwierigkeiten wie die zu langen Batterie-Ladezeiten und die zu kurzen Reichweiten in den Griff kriegen muss, fehlt fast überall auf der Welt noch eine entsprechende Infrastruktur mit Elektrotankstellen. Selbst im Autoland Deutschland gleicht es einem Glücksspiel, die passende Steckdose fürs Ladekabel zu finden. Und ähnlich wie beim Breitbandausbau bewegt sich die Bundesregierung auch beim Ausbau der Elektro-Infrastruktur äußerst träge. Die jüngst beschlossene Kaufprämie für Elektroautos, an der sich auch Volkswagen beteiligt, ist geradezu ein Witz, wenn der Kunde die Anschaffungskosten fürs E-Auto und die Komfortverluste wegen der technischen Unzulänglichkeiten dagegenrechnet.

Insofern steckt in der VW-Strategie viel Optimismus, es ist nicht unwahrscheinlich, dass Matthias Müller in den kommenden Jahren an der ein oder anderen Stelle noch mal nachjustieren muss. Auf der anderen Seite wäre er gerade nach dem Diesel-Skandal jedoch auch schlecht beraten gewesen, wenn er keinen Strategiewechsel vorgenommen hätte.