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Die Analyse Löchrige Sanktionen bringen nichts

Deutschland muss seine Export-Interessen gegenüber den Amerikanern konsequenter verteidigen.

21.07.2016, 23:01

Wirtschaftssanktionen können für den Westen ein effektives Mittel sein, um autoritäre Herrscher und Diktatoren politisch unter Druck zu setzen, ohne gleich einen Krieg zu riskieren. Doch in der Praxis entfalten die Handelsbeschränkungen nur selten die beabsichtigte Wirkung, denn immer wieder unterlaufen einzelne Staaten die gemeinsamen Beschlüsse aus purem Egoismus.

Eine unrühmliche Rolle spielen in dieser Hinsicht vor allem die Amerikaner. Die US-Regierung zählt beispielsweise zu den größten Befürwortern von Sanktionen gegen Russland, schaut aber weg, wenn heimische Konzerne weiterhin dort Geschäfte machen. Die texanische Firma Bell etwa hat eine Lizenzvereinbarung mit einem russischen Hubschrauberhersteller unterzeichnet, obwohl die Firma zum Imperium der Staatsfirma Rostec gehört, die vom Putin-Vertrauten Sergej Tschemesow geführt wird. Sowohl Rostec als auch Tschemesow stehen auf der amerikanischen Sanktionsliste. Auch Flugzeugbauer Boeing betreibt nach wie vor in Moskau ein Entwicklungszentrum mit 1200 Mitarbeitern. Während der Handel zwischen Russland und der EU zuletzt sanktionsbedingt schrumpfte, haben die Amerikaner ihre Geschäfte weiter ausgebaut.

Zu glauben, Russlands Präsident Wladimir Putin lässt sich von solch löchrigen Sanktionen beeindrucken, ist naiv. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wäre gut beraten, die deutschen Interessen verstärkt in den Blick zu nehmen und nicht nur auf Ansagen aus Washington zu warten. Das fordern seit längerem auch Politiker wie Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Brandenburgs früherer Regierungschef Matthias Platzeck (SPD). Die Devise muss lauten: Entweder jeder im westlichen Bündnis unterstützt Sanktionen oder sie gehören abgeschafft.

Eine Reihe deutscher Unternehmen, darunter einige Lebensmittelproduzenten, erwägen inzwischen, Standorte in Russland neu aufzumachen, um Sanktionen zu umgehen. Konzerne wie VW oder der Landmaschinenhersteller Claas haben bereits ihre Werke vor Ort. Und mancher Maschinenbauer liefert seine Maschinen inzwischen über Drittländer nach Russland.

Doch so kann es nicht auf Dauer weitergehen. Deutschland muss mit seinen EU-Partnern eine klarere Linie bei Sanktionen vertreten.