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Die Analyse Volkswagen kann durchatmen

Die Halbjahresbilanz von VW fällt wegen der Rückstellungen im Abgas-Skandal schlechter aus, doch die Absatzzahlen entwickeln sich stabil.

28.07.2016, 23:01

Wolfsburg l Erneut muss VW-Chef Matthias Müller ein Konzernergebnis vorstellen, das eigentlich ganz gut wäre – wenn es die Belastungen durch den Abgas-Skandal nicht geben würde. Volkswagen hat in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 7,5 Milliarden Euro verdient, 500 Millionen mehr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Doch unterm Strich fällt das Ergebnis wegen der sogenannten „Sondereinflüsse“ am Ende dann doch 2,2 Milliarden Euro niedriger aus.

Hintergrund ist, dass die bisherigen Rückstellungen, die VW für den Abgas-Skandal aufgebaut hatte, nicht reichen. Weil der Konzern in den USA nicht zehn, sondern 13,6 Milliarden Euro auf den Tisch legen muss, ist die Bildung weiterer Rückstellungen notwendig geworden. Nichtsdestotrotz kann Müller nun ein wenig durchatmen. Denn dadurch, dass nun klar ist, wie viel der Autokonzern in Amerika tatsächlich blechen muss, gibt es so etwas wie Planungssicherheit. Die Wahrscheinlichkeit, dass weitere hohe Milliardensummen durch den Skandal auf VW zukommen, ist deutlich kleiner geworden. Die Rechtssysteme in Europa kennen im Gegensatz zu dem in den USA keine Kultur der Schadenersatzzahlungen. Sofern europäische Kunden ihren Wagen kostenlos repariert bekommen, haben sie keine weiteren finanziellen Ansprüche gegenüber VW.

Und neben der Tatsache, dass Volkswagen überhaupt Gewinne verbucht, dürfte es dem VW-Chef gefallen, dass der Konzern weiterhin viele Autos verkauft. Im ersten Halbjahr waren es 5,12 Millionen Fahrzeuge, 1,5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Und da die Absatzzahlen beim japanischen Konkurrenten Toyota leicht zurückgingen, dürfen sich die Wolfsburger zumindest vorübergehend wieder als größter Autohersteller der Welt bezeichnen. Vermutungen, wonach VW schwere Imageschäden erlitten haben könnte, bestätigen sich in dieser Hinsicht nicht.

Anders als sein Vorgänger Martin Winterkorn ist Müller wiederum kein Mann, der „höher, schneller, weiter“ will. Der VW-Chef setzt auf Elek- troautos, will seinen Konzern in diesem Segment bis 2025 zum Marktführer entwickeln. Seine Ankündigung, hierfür eine zweistellige Milliardensumme investieren zu wollen, machte es offenbar auch den kalifornischen Umweltbehörden einfacher, einem Vergleich im Skandal zuzustimmen. Die neuen, ehrgeizigen Ziele werden dem Konzern allerdings viel abverlangen. Und nicht zuletzt wird Müller auch daran arbeiten müssen, die Kernmarke VW profitabler zu gestalten. Es bleibt also viel Arbeit für den VW-Chef.