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Diesel-Skandal Für den Audi-Chef wird’s unbequem

Audis Vorstandschef Stadler ist in den Fokus der Diesel-Ermittlungen geraten. Er muss sich unangenehme Fragen gefallen lassen.

23.09.2016, 23:01

Wolfsburg l Für die VW-Aufsichtsräte dürfte ihr Treffen am Freitag alles andere als eine Routinesitzung gewesen sein. Die vom Gremium beauftragte Anwaltskanzlei Jones Day ist in der Aufklärung des Diesel-Skandals offenbar ein gutes Stück vorangekommen, wie verschiedene Medien berichten. Jüngst in den Fokus gerückt ist dabei die Konzerntochter Audi mit ihrem Chef Rupert Stadler.

Wie das Handelsblatt am Freitag berichtete, hat Jones Day den Topmanager inzwischen dazu befragt, was er über den Skandal wusste. Zwar hätten sich „keine Verdachtsmomente gegen ihn ergeben“, doch wie der Spiegel berichtet, habe sich Stadler zumindest unbequeme Fragen zu seinem Krisenmanagement von den internen Ermittlern gefallen lassen müssen. Dem Vernehmen nach soll die Befragung mehrere Stunden gedauert haben, es soll unter anderem darum gegangen sein, warum Stadler Dokumente zum Skandal vor den US-Behörden zurückgehalten habe. Um welche es sich dabei handelte, wurde nicht bekannt. Stadler selbst wiederum habe Kenntnisse oder gar eine Mittäterschaft gegenüber den Ermittlern zurückgewiesen.

Von der Aufsichtsratssitzung am Freitag drang zunächst nichts an die Öffentlichkeit. Doch offensichtlich wollen die Konzern-Aufseher den Manager nicht so schnell fallenlassen. Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil sagte dem Handelsblatt: „Aus dem Umstand, dass jemand befragt wird, kann man nicht schließen, dass es einen Vorwurf gegen ihn gibt.“ Die Vernehmung bedeute daher „erst einmal nichts“.

Sauer auf Stadler sind allerdings weiterhin die US-Behörden. Nachdem sie im Herbst 2015 veröffentlicht hatten, dass auch bei Modellen mit den von Audi entwickelten Drei-Liter-Dieselmotoren eine verbotene Software enthalten sei, hatte Stadler dies dementieren lassen. Später musste Audi den Einbau der Software dann doch noch zugeben.

Und inzwischen deutet sich an, dass die Konzerntochter Audi weit tiefer in den Software-Betrug verwickelt ist, als ursprünglich angenommen. Wie unter anderem die Süddeutsche Zeitung zuletzt berichtete, gelte Audi inzwischen als die „Mutter des Betrugs“. Audi-Ingenieure seien es gewesen, die nicht nur die eigenen Motoren mit Schummel-Software ausgestattet, sondern auch den Betrug bei VW maßgeblich begleitet hätten.

In einer E-Mail, die der Kanzlei Jonas Day vorliegen soll, habe ein Ingenieur bereits 2007 einem größeren Kreis von Managern mitgeteilt, dass man es „ganz ohne Bescheißen“ nicht schaffen werde, die US-Grenzwerte beim Schadstoffausstoß von Dieselwagen einzuhalten.

Bei Rupert Stadler ist diese Mail offenbar allerdings nicht angekommen. Doch dem Handelsblatt zufolge wollen sich die US-Behörden damit nicht begnügen. Aus ihrer Sicht reicht es, nicht genug aufgepasst zu haben, um eine Mittäterschaft zu unterstellen, schreibt das Blatt. Stadler ist seit 2003 Vorstand bei Audi, seit 2007 ist er Vorstandschef und sitzt auch im Volkswagen-Konzernvorstand. Beobachter betonen, dass der 53-Jährige anders als seine Vorgänger kein Ingenieur sei, sich insofern nur am Rande für die Motorenentwicklung interessiert habe, sich dafür mehr um die Strategie kümmere.

Dennoch ist er der Chef der Konzerntochter und trägt damit die Gesamtverantwortung. Er muss nun den Skandal bei Audi schleunigst aufklären – und die US-Behörden besänftigen. Denn für 85 000 Fahrzeuge muss noch eine Einigung her, was mit ihnen geschehen soll. Ein Rückkauf könnte Audi bis zu drei Milliarden Euro kosten, Reparaturen wären günstiger.