Digitalisierung Der gläserne Landwirt

Immer mehr Bauern in Sachsen-Anhalt sammeln Daten. Die Landwirtschaft wird durch die Digitalisierung gläserner.

23.02.2017, 23:01

Magdeburg l Uwe Fabig agiert als Banker gerne vorausschauend und bedächtig. „Ich habe mich heute für eine ältere Krawatte entschieden“, sagt das Vorstandsmitlglied der Volksbank Magdeburg am Donnerstag auf dem landwirtschaftlichen Unternehmertag in der Landeshauptstadt. Schließlich ist Weiberfastnacht – und an diesem Tag ist es Brauch, dass Frauen den Männern die Krawatte als Symbol männlicher Macht abschneiden.

Vorausschauendes Agieren fordert Fabig dann auch in seiner Rede vor gut 700 Zuhörern, darunter viele Landwirte aus Sachsen-Anhalt. „Neue Sensortechniken und miteinander kommunizierende Maschinen werden dem landwirtschaftlichen Unternehmer ganz neue Möglichkeiten an die Hand geben“, erklärte er. Die Landwirte in Sachsen-Anhalt müssen sich dem digitalen Wandel stellen.

Zahlen belegen, dass viele landwirtschaftliche Unternehmer das bereits tun. Nach Angaben des Verbandes Bitkom nutzen etwas mehr als die Hälfte der Bauern in Deutschland digitale Technik für die Arbeit auf dem Hof: Tiere werden mithilfe eines Chips überwacht, die Bodenbeschaffenheit mit Sensoren überprüft, Mähdrescher steuern mittels GPS-Überwachung fast von alleine über den Acker. Mit der Technik kann der Landwirt seine Arbeit besser planen, effizienter agieren und Ressourcen schonen. Viele Bauern haben durch digitale Helfer wirtschaftliche Vorteile.

Der Staatssekretär aus dem Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie in Sachsen-Anhalt, Ralf-Peter Weber (Grüne), betont, der Fokus bei der Digitalisierung sollte nicht nur auf den ökonomischen Chancen liegen. „Der digitale Wandel muss auch dem Tierwohl und der Tiergesundheit dienen“, sagt Weber, der vor seinem politischen Amt Kreisgeschäftsführer beim Bauernverband Anhalt gewesen ist. Weber betont, auch das Land Sachsen-Anhalt hätte Hausaufgaben zu erledigen. Vor allem die ländliche Region soll in nächster Zeit bei der Versorgung mit schnellem Internet aufholen. Das Land plane in den kommenden fünf Jahren rund 200 Millionen Euro für den Breitbandausbau zur Verfügung zu stellen, so Weber.

Die Landwirte in Sachsen-Anhalt investieren bereits heute verstärkt in die digitale Technik. Bei der Volksbank in Magdeburg sei im vergangenen Jahr das Kreditvolumen im landwirtschaftlichen Sektor um zehn Prozent gewachsen – beinahe doppelt so stark wie das gewerbliche Geschäft insgesamt, teilt das Institut mit.

Die Datenflut bringt aber auch Ängste unter den Landwirten zwischen Altmark und Harz hervor. Daten zum Zustand der Tiere oder der Menge der ausgetragenen Düngemittel könnten zu mehr Überwachung führen, befürchten die Bauern. Gleichzeitig sorgen sich die Landwirte um die Sicherheit und den Schutz ihrer Daten. Die Digitalisierung öffnet aber auch die Tür zu einem besseren Verständnis der Bevölkerung für die Arbeit auf dem Hof. „Die neuen digitalen Medien bieten die Möglichkeit, mit Endverbraucher wieder in Kontakt zu treten“, erklärt Miriam Taenzer von Bitkom. Wie nah die Technik den Verbraucher an den Hof bringen könnte, fand der Verband in einer Umfrage heraus: Fast die Hälfte der befragten Landwirte könnte sich 2030 vorstellen, dass die Kunden per Webcam in den Stall hineinschauen können. 58 Prozent der Befragten glauben, dass die Kunden dem Landwirt dann direkt Feedback für seine Produkte übermitteln können.

Doch nicht jede Entwicklung ist vorhersehbar. Diese Erfahrung muss auch Volksbank-Vorstand Uwe Fabig am Donnerstag machen: Nach dem Ende des landwirtschaftlichen Unternehmertages ist seine Krawatte noch immer ganz.