Freihandelsabkommen Kommt Ceta noch?

Ob der EU-Handelspakt mit Kanada am Donnerstag unterzeichnet werden kann, entscheidet sich am heutigen Montag.

23.10.2016, 23:01

Brüssel (AFP/dpa) l Im Nervenkrieg um die Unterzeichnung des Handelsabkommens Ceta soll am Montagabend Gewissheit herrschen: EU-Ratspräsident Donald Tusk und der kanadische Premierminister Justin Trudeau würden bei einem Telefonat entscheiden, ob der EU-Kanada-Gipfel am Donnerstag stattfindet oder nicht, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Sonntag aus EU-Kreisen. Nach Vermittlungsversuchen zwischen der das Abkommen blockierenden belgischen Region Wallonie und Kanada zeigte sich EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) optimistisch.

Vor dem Gespräch mit Trudeau will Tusk den Angaben zufolge mit dem belgischen Ministerpräsidenten Charles Michel sprechen. Sollte dieser bis dahin seine Zustimmung zu dem Abkommen nicht garantieren können, werde der EU-Kanada-Gipfel abgesagt. Die belgische Region Wallonie blockiert das unterschriftsreife Abkommen, weil sie stärkere Garantien zum Schutz ihrer Bauern und die Abwehr eines übermäßigen Einflusses internationaler Konzerne fordert.

EU-Parlamentspräsident Schulz, der am Samstag in Brüssel sowohl mit Magnette als auch mit Kanadas Handelsministerin Chrystia Freeland gesprochen hatte, zeigte sich zuversichtlich, dass die Unterzeichnung doch noch wie geplant zustandekommen könne. Magnette habe gesehen, „dass es eine große Erwartungshaltung an ihn gibt“, sagte Schulz der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Ihm ist auch klar geworden, dass sich die EU nicht kalt über wallonische Bedenken hinwegsetzt.“

Magnette erklärte nach dem Gespräch, es gebe „noch ein paar Schwierigkeiten unter Europäern“. Die Gespräche der Wallonie mit Kanada seien aber „sehr nützlich“ gewesen und hätten eine Verbesserung des Vertragstextes ermöglicht. „Ich hoffe wirklich, dass es die Europäer schaffen, zum Abschluss zu kommen und dass ich in ein paar Tagen mit meinem Premierminister wiederkommen kann, um das Abkommen zu unterzeichnen“, sagte Freeland nach dem Gespräch mit Schulz.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte in Berlin, Ceta sei „ein exzellentes Abkommen und es darf nicht an der Unfähigkeit Europas scheitern, einen regionalen Interessenausgleich zu finden“. Er habe Schulz‘ Gespräch mit Freeland vermittelt, um in den Ceta-Verhandlungen bis zu einem Durchbruch „die Uhr anzuhalten“, hieß es in der Mitteilung seines Ministeriums.

EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) warf Gabriel hingegen vor, die Verhandlungen mit Kanada erschwert zu haben, indem er sie nicht der EU überlassen habe. „Dass Minister einzelner Mitgliedstaaten zu Verhandlungen reisen, ist absurd“, sagte Oettinger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntagsausgaben). Diese Vorwürfe wies Gabriel im „Handelsblatt“ (Montagsausgabe) zurück. Die Politik müsse allen „zuhören und Antworten geben, wenn man wissen will, was die Menschen umtreibt“, sagte er dem Blatt.

Zudem beschuldigte Gabriel die EU-Kommission, nicht genug dafür getan zu haben, damit die Wallonie dem Freihandelsabkommen zustimmt. „Ohne das Engagement der Politik vor Ort wäre Ceta nicht mehrheitsfähig geworden“, sagte er. Die EU-Kommission habe hingegen immer wieder zum „Jagen getragen werden“ müssen, sagte Gabriel dem Blatt.

Organisationen wie Greenpeace begrüßen, dass die Wallonie sich bei Ceta querstellt. Rund 8000 Niederländer demonstrierten am Samstag in Amsterdam ihre Unterstützung für die belgische Region. Meinung