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Geldanlage Schwarze Liste für schmutzige Aktien

Künftig sollen Sachsen-Anhalts Anlagen auf Finanzmärkten für Pensionen seiner Beamten auch ethisch sauber sein, fordern SPD und Grüne.

01.08.2016, 23:01

Magdeburg l Mehr als 700 Millionen Euro hat das Land Sachsen-Anhalt über einen Fonds auf den internationalen Finanzmärkten angelegt, damit es später Pensions-Ansprüche der Beamten finanzieren kann. Ethische Kriterien haben bei der Auswahl der Aktien und Anleihen bisher kaum eine Rolle gespielt, wie das Recherchenetzwerk Correctiv mit dem Nachrichten-magazin Spiegel herausfand. Gelder flossen etwa in „schmutzige“ Energiekonzerne. Doch das soll sich nun ändern.

Wie die Volksstimme erfuhr, wollen Grüne und SPD eine schwarze Liste erarbeiten, aus der hervorgeht, in welche Anlagen das Land künftig nicht mehr investieren soll. „In der Vergangenheit ging es bei den Anlagen lediglich darum, dass sie sicher und ertragreich sein müssen – künftig sollen auch ethische Aspekte und Nachhaltigkeit berücksichtigt werden“, erklärt Grünen-Politiker Olaf Meister. Der Vorsitzende des Finanzausschusses will gemeinsam mit den anderen Fraktionen entsprechende Voraben ausarbeiten. Rüdiger Erben, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD, verwies auf das Land Berlin, das ebenfalls einen Index plane.

Eingang finden dürften die neuen Kriterien in das Pensionsfondsgesetz, das bislang nur die drei Ziele Sicherheit, Rendite und Liquidität kannte. Auf Basis dieses Gesetzes investierte das Land zuletzt etwa in große Öl-, Gas- und Energiekonzerne, denen Kritiker jedoch vorwerfen, Umwelt und Klima zu schädigen. Besonders umstritten ist das Landesinvestment beim französischen Engie-Konzern. Dessen Firmenvorgänger GDF Suez hatte in der Vergangenheit Tausende Kubikmeter Abfälle in einem Tagebauloch bei Wolfen im Landkreis Anhalt-Bitterfeld verklappt. Der „Silbersee“, wie das Loch heute genannt wird, gilt als stark giftige Müllhalde.

Das Finanzministerium erklärte am Montag auf Anfrage, dass in der Vergangenheit trotzdem nicht mit jedermann Geschäfte gemacht worden seien. Bei allen Anlageaktivitäten sei immer ein sogenannter Asset-Manager „zwischengeschaltet“ worden. Dieser habe geprüft, inwieweit Geschäfte mit bestimmten Anlegern „moralisch“ erlaubt sind. Das Vorgänger-Unternehmen des Engie-Konzerns sei zwar für die Verschmutzung in Wolfen verantwortlich gewesen, doch wirtschaftlich betrachtet sei das heutige Unternehmen besser als viele andere aus der Branche aufgestellt, es sei somit für Investments lukrativ.

Das Finanzministerium verteidigte auch seine Anlageaktivitäten in Ländern wie Aserbaidschan, Kasachstan und Bahrain, in denen Menschenrechte oft missachtet werden. Auch hier hätte ein Asset-Manager zunächst geprüft, ob Investitionen unter moralischen Geschichtspunkten vertretbar sind. Dabei sei man aber zu dem Ergebnis gekommen, dass die Geldanlagen in den Ländern dazu beitragen könnten, den Lebensstandard zu heben. Doch die Parteien im Landtag sehen das offenbar kritischer. Auch Linke und CDU fordern, künftig ethische, ökologische und nachhaltige Standards zu berücksichtigen. Ganz einfach dürfte die Diskussion um Standards allerdings nicht werden. Warum soll sich Sachsen-Anhalt nicht etwa am Energiekonzern Total über Aktien oder Anleihen beteiligen, wenn der doch mit seiner Raffinerie in Leuna ein wichtiger Arbeitgeber im Land ist? Interessenkonflikte sind hier vorprogrammiert.

Höhere Standards bedeuten auch weniger Anlagemöglichkeiten. Das räumt auch Grünen-Politiker Olaf Meister ein. Er betont aber: „Anderen Bundesländern ist es auch gelungen, Gelder gewinnbringend, aber ethisch und nachhaltig vertretbar anzulegen.“