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Handwerker-Kalender Er lässt das Handwerk gut aussehen

Ein Foto von Elmar Hanisch aus Magdeburg ziert das August-Blatt eines Handwerker-Kalenders. Der soll das Image des Handwerks aufpolieren.

Von Elisa Sowieja 29.07.2015, 01:01

Magdeburg l Bei Elmar Hanisch im Büro ist das ganze Jahr lang Sommer. Der Kalender, der an der Wand hinter seinem Schreibtisch hängt, zeigt schon seit Januar das August-Blatt. Darauf zu sehen: das Schwarz-Weiß-Foto eines muskelbepackten Kerls mit verschränkten Armen, den Oberkörper mit nichts bedeckt als einer Dachdecker-Weste. Wenn man es schon mal in einen Kalender schafft, findet Hanisch, dann kann man die eigene Seite ruhig ein bisschen länger hängen lassen.

Dabei hatte der 35-Jährige nie Model-Ambitionen: „Nur durch Zufall habe ich den Aufruf bei Facebook gelesen“, erzählt er. Das Deutsche Handwerksblatt und die Signal Iduna hatten Handwerker aufgefordert, beim Casting für den Kalender „Germany‘s Power People“ mitzumachen. Gesucht wurden Bewerber, die ihren Beruf mit Leidenschaft ausüben und das zeigen wollten. „Aus einer Schnapsidee heraus“ lud Hanisch zwei Fotos hoch. „Dass daraus etwas wird, hätte ich nie gedacht.“

Doch die Bilder kamen an: In einer Online-Abstimmung schaffte er es unter die 18 besten Männer – und wurde zum Fotoshooting nach Düsseldorf eingeladen. Die Nachricht, dass es sein Bild in den Kalender geschafft hat, erreichte ihn dann ganz unspektakulär per E-Mail. Im November schließlich kam das Ergebnis in einer Auflage von 8700 Exemplaren auf den Markt. Ein Teil wurde an Projektpartner verschenkt, der Rest wird verkauft.

Den Veranstaltern gefiel Hanischs Mucki-Foto so gut, dass sie ihn zusätzlich zu einem der sechs Finalisten für die Wahl zum „Mister Handwerk“ kürten. Auf der Internationalen Handwerksmesse in München präsentierte er sich im März auf dem Laufsteg. Da das Publikum mit abstimmen durfte, verteilte Hanisch vorab sogar eigene Werbeflyer. Doch mit dem Titel wurde es leider nichts.

Im Nachhinein betrachtet, sagt der Magdeburger, habe es sich doppelt gelohnt, beim Casting mitzumachen. Nicht nur, dass der 35-Jährige jetzt wohl in deutschen Büros reihenweise Mitarbeiterinnen verzückt. Er hat auch noch etwas für seinen Berufsstand getan: „Ich finde, der Kalender ist eine tolle Werbung für das Handwerk.“

Die kann die Branche gut gebrauchen – vor allem, wenn es um Nachwuchsgewinnung geht. Im vergangenen Jahr blieben deutschlandweit 20 000 Lehrstellen unbesetzt. Im Bezirk der Handwerkskammer Magdeburg sind laut Lehrstellenbörse derzeit rund 300 Stellen offen. Wurden dort 2008 noch 7500 Auszubildende in den Betrieben gezählt, sind es aktuell 3500.

Auch Hanisch als Chef einer Dachdeckerfirma mit 13 Mitarbeitern findet kaum Nachwuchs: „Vor ein paar Jahren hatte ich noch 30 Bewerber pro Jahr. 2015 war es bisher einer.“ Ein Hauptgrund für den Fachkräftemangel liegt im Bevölkerungsrückgang.

Hanisch sieht aber noch ein weiteres Problem: „Das Handwerk gilt bei jungen Menschen nicht unbedingt als cool. Viele haben im Kopf nur das Bild von schmutzigen Männern. Und sie denken, dass die Berufe eintönig sind.“ Dabei sei seiner durchaus abwechslungsreich. „Als Dachdecker bist du auch mal Gerüstbauer oder Schweißer, manchmal sogar Gärtner.“ Dann nämlich, wenn er Dächer bepflanzt. Und dann seien da noch all die Fernsehdokus über Baupfusch – für ein positives Bild von der Branche alles andere als hilfreich, findet er.

Auch wenn der Kalender eher dem allgemeinen Ruf des Handwerks nutzen soll: Ein wenig hat der Magdeburger auch direkt profitiert. „Durch Berichte in Zeitung und Fernsehen wurde ich oft angesprochen – auch von Kunden und sogar von einer Bäckerin.“

Bei aller Euphorie für seinen Job muss Hanisch potenzielle Bewerber allerdings in einer Hoffnung bremsen. Seine Muckis kommen leider nicht allein vom Dachdecken. Nach Feierabend übt er fleißig an seiner Kraftmaschine.