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Hannover-MesseAus Liebe zum Fahrrad

Das Magdeburger Startup Urwahn Bikes zeigt auf der Hannover-Messe markante Zweiradräder.

21.04.2017, 23:01

Magdeburg l Im Magdeburger Zentrum pirscht sich der Stadtfuchs sachte an den Platzhirschen heran. Diese Szene ist nicht etwa in einem Stückchen Stadtwald zu beobachten, sondern im Büro des Startups Urwahn Bikes. Stadtfuchs und Platzhirsch sind Fahrradmodelle, die von den drei Magdeburgern entworfen, konstruiert und gefertigt worden sind. Kurz vor der Hannover-Messe hängen die Kreationen glänzend poliert an der Zimmerwand im Kreativzentrum der Firma. „Der Name Urwahn ist eine Komposition aus urban und wahnsinnig“, erzählt Sebastian Meinecke. Die Designs der Magdeburger seien schon ein wenig verrückt, gibt Meinecke zu.

Denn Urwahn Bikes hat den Bau von Zweirädern neu erdacht. Ein innovativer Stahl-Rahmen verbindet schwungvoll Hinter- und Vorderrad. Dank der speziellen Aufhängung des hinteren Reifens sollen zudem Fahrbahnunebenheiten geringfügig kompensiert werden können. Im Rahmen sind Front- und Rücklicht integriert. Urwahn-Kunden können ihr Bike zudem mithilfe eines GPS-Senders orten. Vier Modelle haben die Magdeburger derzeit im Angebot. Im Frühling 2018 sollen die ersten Fahrräder ausgeliefert werden. Dann wird die Ingenieurskunst ihren Preis haben: Um die 4000 Euro dürfte ein Fahrrad aus Magdeburg wohl kosten.

Die Urwahn-Gründer Sebastian Meinecke (28), Konrad Jörß (29) und Marcel Pawlowski (34) haben ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Zusammen besitzen sie wohl fast 15 Fahrräder. Konrad Jörß ist mit einem Drahtesel sogar mal um die Ostsee geradelt. „Wir glauben, dass Zweiräder künftig ein zentraler Baustein der Mobilität werden“, sagt Jörß. In der Tat bewegen sich Großstädte in Deutschland seit einiger Zeit immer mehr auf Fahrradfahrer zu, sorgen für mehr und breitere Radwege oder gesonderte Spuren auf Straßen. Hinzu kommen mehr Stellplätze und teilweise auch Haltegriffe an den Ampeln.

Die Magdeburger Räder werden Stücke für echte Liebhaber sein. Urwahn Bikes sollen zunächst in ausgewählten Fahrrad-Boutiquen angeboten werden. In diesen Großstadt-Stores schlürft die potente Kundschaft zunächst einen Kaffee, um danach groß in die neuesten Rad-Kreationen zu investieren. Das Geld der Szene könnte für Urwahn auch zum Faktor werden, wenn die Gründer-Förderung des Landes und der EU Ende September ausläuft. Um die weitere Produktion zu finanzieren, planen die Gründer Geld über eine Crowdfunding-Plattform im Internet einzusammeln.

Die Komponenten zum Bau der Räder werden von den drei Ingenieuren entwickelt. Bau- und Konstruktionspläne entstehen zunächst am Computer. Per Datentransfer werden die Entwürfe für einzelne Bauteile dann an einen 3D-Drucker übermittelt. Das Gerät druckt ein Teil zur Ansicht innerhalb eines Tages aus. Rapid Prototyping (deutsch: schneller Modellbau) nennt sich dieses Verfahren. Die finalen Bauteile für die Prototypen der Fahrräder hat Urwahn vom Barleber Fertigungsspezialisten Citim produzieren lassen. Für ihre Zusammenarbeit sind die Unternehmen auch beim Landeswettbewerb „Bestform“ nominiert.

Die am Montag beginnende Hannover-Messe soll helfen, die Fahrräder aus Sachsen-Anhalt international zu platzieren. Urwahn steht auch für Aufbruch. Zuletzt hatten die Zweirad-Schmieden in Sachsen-Anhalt kein Glück: Das Magdeburger Unternehmen Schindelhauer zog vor einigen Jahren nach Berlin. Erst dort glückte der Durchbruch. Der Fahrradbauer Mifa aus Sangerhausen sucht gerade erneut Investoren für einen Neuanfang nach der Insolvenz.

Sebastian Meinecke hofft, mit Urwahn nun eine Erfolgsgeschichte zu schreiben. „Wir wollen Jobs in Sachsen-Anhalt schaffen“, sagt er. Für dieses Ziel wollen die drei Gründer jetzt kräftig in die Pedale treten.