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MifaLetzte Hoffnung Puello

Eine Unternehmerfamilie aus Bayern bietet für den insolventen Fahrradbauer Mifa. Doch die Verhandlungen sind kompliziert.

07.05.2017, 23:01

Sangerhausen/Magdeburg l Im bayerischen Schweinfurt hat die Familie Puello eine Fahrrad-Dynastie aufgebaut. Jetzt sind die Zweirad-Experten die letzte Hoffnung für den insolventen Fahrradbauer Mifa aus Sangerhausen. Doch die Investoren-Gespräche könnte ausgerechnet Heinrich von Nathusius scheitern lassen: Der bisherige Mifa-Eigner verhandelt hart und kompromisslos.

Bei der Übernahme von Mifa vor mehr als zwei Jahren hat Heinrich von Nathusius mit rund fünf Millionen Euro seines Privatvermögens gebürgt. Nach Volksstimme-Informationen hat der Unternehmer die Investitionsbank Sachsen-Anhalt nun aufgefordert, ihn aus dieser Bürgschaft zu entlassen. Von Nathusius sagte am Sonntagmittag im Volksstimme-Gespräch hingegen: Er habe keinerlei Forderungen gestellt. Es gebe aber Verhandlungen um die Bewertung der persönlichen Bürgschaft.

Von Nathusius hält noch immer einen Teil der Mifa-Zukunft in der Hand: Die neu errichtete, 17 Millionen Euro teure Produktionsstätte vor den Toren Sangerhausens gehört der Vermögensgesellschaft seiner Familie. „Ich werde mit der Halle keinen Verlust machen“, kündigte von Nathusius an. Mindestens 17 Millionen Euro soll er als Kaufpreis aufgerufen haben. In der Volksstimme erhöht er nun den Druck: „Es gibt noch andere Interessenten.“ Eine derart große Halle in dieser Lage sei für jeden Spediteur interessant.

Gleichzeitig bestätigte er Gespräche mit Insolvenzverwalter Lucas Flöther über einen Verkauf. Am Wochenende war bekanntgeworden, dass sich die bayerische Unternehmerfamilie Puello für einen Einstieg bei Mifa interessiert. Auch ein Angebot für das Werk sei abgegeben worden. Puello plant in Sangerhausen den Aufbau einer Erlebnis-Manufaktur. Mit der bestehenden Belegschaft von 130 Mitarbeitern sollen zunächst hochwertige Fahrräder und E-Bikes produziert werden.

Die Familie Puello ist wie Mifa ein Stück deutsche Fahrradgeschichte: In den sechziger Jahren stieg der Clan in das Zweirad-Geschäft ein, baute im bayerischen Schweinfurt mit der Marke Winora ein Imperium auf. Seit 2002, als sich die niederländische Accell Group in das Unternehmen einkaufte, schwindet jedoch der Einfluss der Familienmitglieder. Susanne Puello verließ erst im März dieses Jahres die Winora Group, sprach bei ihrem Ausstieg in einer Mitteilung von „unüberbrückbaren Differenzen aufgrund Umstrukturierungsmaßnahmen“. Zeitgleich kündigte sie an, sich auf die Suche nach neuen Herausforderungen zu begeben.

Die wähnt die Familie nun offenbar in Sangerhausen. Nach Volksstimme-Informationen sollen die Puellos aber deutschlandweit nach Fahrradherstellern fahnden, die für den persönlichen Neubeginn infrage kommen. Heißt: Je komplizierter die Verhandlungen bei Mifa, desto geringer die Chancen für eine Übernahme. Für die krisengeschüttelte Mifa ist die Familie Puello dem Vernehmen nach allerdings die letzte ernstzunehmende Chance. Weitere Interessenten gibt es nicht. Ein erneutes Engagement von Heinrich von Nathusius schließen die Gläubiger kategorisch aus.

Das Land arbeitet deshalb bereits an Plan B, für den Fall, dass die Verhandlungen mit von Nathusius über den Verkauf der Fertigungshalle tatsächlich scheitern. Die Investitionsbank hat nach Informationen der Volksstimme eine Liste mit Objekten erstellt, die unter Umständen als Ausweich-Produktionsstätte herhalten könnten. Im Raum steht auch ein Umzug zurück in das alte Werk im Zentrum Sangerhausens.

Bis Mitte Mai will Insolvenzverwalter Lucas Flöther Einigung zwischen den Familien Puello, von Nathusius und den Gläubigern erzielen. Anfang Juli soll die Geschäftsübernahme über die Bühne gehen.

Mifa hatte Anfang Januar zum zweiten Mal binnen weniger Jahre Insolvenz angemeldet. Wegen der knappen Finanzlage musste der Fahrradbauer zuletzt die Belegschaft verkleinern. Von ehemals 520 Beschäftigten sind derzeit nur noch 130 bei Mifa tätig. Bei den verbliebenen Mitarbeitern dürfte das Interesse der Familie Puello für ein wenig Hoffnung sorgen.