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MyTaxi Angriff auf die Taxi-Zentralen

Die Bestell-App MyTaxi fusioniert mit dem britischem Anbieter Hailo und hat Sachsen-Anhalt im Visier.

26.07.2016, 23:01

Magdeburg l In der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts ist die Welt noch in Ordnung: Vor dem Hauptbahnhof warten am Dienstag Taxen auf Fahrgäste – wie an jedem Tag der Woche. In der Zentrale der Taxi- und Mietwagengenossenschaft Magdeburg im Stadtteil Stadtfeld klingelt das Telefon. Eine Kundin bestellt ein Taxi. Später holt ein Fahrer die alte Dame ab, bringt sie zur Arztpraxis.

Für 140 Taxen vermittelt die Zentrale Fahrten im Stadtgebiet. Taxi-Unternehmer bezahlen für den Service einen monatlichen Betrag. Nur dann werden sie mit Aufträgen versorgt. Doch das Geschäftsmodell der Taxi-Vermittlungen steht auf dem Prüfstand, seitdem die Bestell-App MyTaxi in den Markt eingetreten ist und einen aggressiven Expansions-Kurs fährt.

Zumindest in den großen Städten gehört die App von MyTaxi längst zum Alltag vieler Taxi-Kunden. Laut einer Studie des Digitalverbandes Bitkom nutzen rund 13 Prozent der Taxi-Kunden die App MyTaxi. Tendenz steigend. Der Markt der mobilen Bestellungen wächst seit Jahren. Vor allem junge Kunden setzen auf die Smartphone-Anwendung. MyTaxi ist bislang in Deutschland, Österreich, Italien, Polen, Portugal, Spanien und Schweden aktiv. Rund drei Millionen Menschen bestellen regelmäßig über die App ein Taxi. Bald werden noch ein paar mehr dazukommen.

Am Dienstag verkündete MyTaxi die Übernahme des britischen Taxi-App-Anbieters Hailo. Der Deal werde durch den Austausch von Firmenanteilen finanziert, sagte ein MyTaxi-Sprecher der Volksstimme. Ab Mitte des kommenden Jahres soll es nur noch die MyTaxi-App geben. Das neue Unternehmen soll dann in neun Ländern und über 50 Städten aktiv sein. Rund 100 000 Taxi-Fahrer sollen als Vertragspartner für MyTaxi fahren.

In Deutschland sind rund 20 000 Fahrer für MyTaxi auf den Straßen unterwegs. Bis auf Berlin ist der Osten Deutschlands bislang aber noch ein weißer Fleck auf der MyTaxi-Karte. In Sachsen-Anhalt nutzt kein Fahrer den Vermittler-Dienst, sagte Frank Tempel, Vorstand der Magdeburger Taxi- und Mietwagengenossenschaft. „Wir wollen das nicht und wir brauchen das nicht“, sagt der Mann, der seit rund 40 Jahren Taxi fährt. Ohnehin sei es seit Einführung des Mindestlohns schwer, in dem Gewerbe Geld zu verdienen. „Taxi-Unternehmer müssen genau kalkulieren“, so Tempel. Bislang hätten die Taxi-Zentralen noch das Monopol auf die Vermittlungen.

MyTaxi, das seit 2014 vollständig zum Stuttgarter Automobilkonzern Daimler gehört, greift die alte Taxi-Welt an. Das junge Hamburger Unternehmen wird dabei auch vor Sachsen-Anhalt nicht Halt machen. „Wir haben großes Interesse daran, unser Angebot auszubauen und mehr Fahrer zu gewinnen“, sagte ein Sprecher. Das MyTaxi-Geschäftsmodell stoße bei immer mehr Fahrern auf offene Ohren. Für jede vermittelte Fahrt müssen Taxifahrer sieben Prozent ihres Umsatzes an MyTaxi abtreten. Der Service der Taxizentralen hingegen wird mit Monatsbeiträgen bezahlt, die in der Regel zwischen drei bis fünf Prozent des Fahrtpreises liegen. Allerdings fallen diese Beiträge auch an, wenn die Taxifahrer gar keinen Umsatz machen.

Der Daimler-Konzern befindet sich mit seinem Engagement bei MyTaxi in guter Gesellschaft. Autobauer auf der ganzen Welt hatten in den vergangenen Monaten in Mitfahrdienste investiert. Zuletzt hatte Volkswagen 300 Millionen Euro in den Uber-Konkurrenten Gett gesteckt.