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NordLB Schiffskrise beschert ein "rotes Jahr"

NordLB-Vorstand Holm nimmt im Volksstimme-Interview Stellung zu faulen Schiffskrediten und der Übernahme der Bremer Landesbank.

09.09.2016, 23:01

Volksstimme: Herr Holm, die NordLB war bis vor Kurzem lediglich mit 55 Prozent Mehrheitseigentümer der Bremer Landesbank. Weshalb hat sich Ihr Haus nun dazu entschlossen, das Institut ganz zu übernehmen, obwohl es sich wegen fauler Schiffskredite in Schieflage befindet?

Hinrich Holm: Man muss zunächst wissen, dass die Bremer Landesbank (BLB) heute schon unter dem Konzerndach der NordLB angesiedelt ist. Die Zahlen der BLB sind bereits vollständig in unserem Konzern-Geschäftsbericht enthalten.

Allerdings wurde sie von der Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank bis zuletzt immer noch als Einzelinstitut betrachtet. Und weil das Geschäft mit Schiffsfinanzierungen schlecht lief, verlangte die Aufsicht von den Bremern eine deutlich höhere Risikovorsorge. Diese konnte die BLB alleine jedoch nicht mehr stemmen.

Die einzige Lösung bestand darin, dass die NordLB die BLB zu hundert Prozent übernimmt. Dadurch wird die Bankenaufsicht die Zahlen der BLB künftig nicht mehr als einzelnes Institut betrachten, sondern als Teil des NordLB-Gesamtkonzerns. Und in dieser Gesamtbetrachtung hinterlassen die Probleme mit Schiffsfinanzierungen zwar Spuren, fallen jedoch nicht mehr ganz so stark ins Gewicht.

Sowohl die Bremer Landesbank als auch die NordLB selbst haben Schiffe in den vergangenen Jahren finanziert. Weshalb hat sich dieses Geschäft so dramatisch entwickelt?

An den Schiffsmärkten sind zuletzt vor allem zwei Segmente sehr stark unter Druck gekommen: die Containerschiffe und die Schüttgutschiffe, die Rohstoffe transportieren.

Der Rohstoffhandel hat weltweit extrem abgenommen, weil vor allem in China der Rohstoffbedarf derzeit gedeckt ist. Hinzu kommt, dass die Nachfrage einiger Schwellenländer wie Brasilien, Südafrika und Indien nachgelassen hat. Die Nachfrage für diese Schiffe ist deshalb zuletzt auf ein Allzeittief gesunken.

Auch bei den Containerschiffen ist die Nachfrage wegen des stockenden Welthandels gesunken, er ist zuletzt deutlich langsamer gewachsen als ursprünglich erwartet. Das sind die beiden Hauptfaktoren, die im Finanzierungsgeschäft richtig Druck auf die Werte von Schiffen ausgeübt haben.

Wie viele Schiffe haben die Bremer Landesbank und die NordLB zuletzt finanziert?

Insgesamt stehen im NordLB-Konzern derzeit rund 1450 Schiffe in den Büchern. 620 davon werden von der Bremer Landesbank finanziert, 830 von der NordLB.

Wie lange wird die Krise bei den Schiffsfinanzierungen aus Ihrer Sicht anhalten?

Wir gehen davon aus, dass es bei der Wertentwicklung der Schiffe in den kommenden drei Jahren keine Erholung geben wird.

Die NordLB hat als Konzern bereits für das erste Halbjahr 2016 einen Verlust von 406 Millionen Euro ausgewiesen, auch für das Gesamtjahr wird mit einem negativen Ergebnis gerechnet. Erwarten Sie auch für die kommenden Jahre ebenfalls rote Zahlen?

Dieses Jahr werden wir rote Zahlen ausweisen. Wir erwarten, dass wir auch in den kommenden Jahren eine erhöhte Risikovorsorge für die Schiffsfinanzierungen treffen müssen. Aber wir gehen nicht davon aus, dass wir in den nächsten Jahren rote Zahlen schreiben werden. Die möglichen Defizite im Schiffsbereich werden wir voraussichtlich mit guten Ergebnissen in anderen Geschäftsbereichen ausgleichen können.

Sie hatten ja vor Kurzem auch angekündigt, das Geschäft mit Schiffsfinanzierungen reduzieren zu wollen. Wie wird das nun konkret ablaufen?

Zu Jahresbeginn betrug das Finanzierungsvolumen der Schiffsfinanzierungen noch rund 19 Milliarden Euro. Dieses Volumen haben wir zur Jahresmitte bereits um eine Milliarde Euro gesenkt. Und bis Ende 2018 haben wir uns vorgenommen, das Volumen noch einmal auf 12 bis 14 Milliarden Euro zu reduzieren. Vereinbart ist bereits eine Transaktion mit dem Finanzinvestor KKR, zum Jahresende wird dieser etwa 100 Schiffsfinanzierungen im Wert von 1,3 Milliarden Euro übernehmen. Außerdem haben wir ein Team bei uns in der Bank gegründet, das sich damit befassen wird, Schiffe direkt zu verkaufen.

Zur Erläuterung: Der Finanzinvestor KKR übernimmt Schiffsfinanzierungen. Das Team, das wir gegründet haben, soll hingegen Schiffe direkt an Reedereien verkaufen. Insofern hoffen wir, dass es uns bereits zum Jahresende gelingt, das Volumen der Schiffsgeschäfte auf 16 Milliarden Euro zu senken. Das wäre ein großer Schritt, den allerdings auch die Rating-Agenturen von uns erwarten. Sie möchten natürlich vor allem sehen, dass wir die schlechten Schiffsfinanzierungen zügig loswerden.

Doch gerade die schlecht laufenden Schiffsfinanzierungen wird die NordLB ja wohl nur mit erheblichen Verlusten loswerden.

Es ist richtig, dass wir dann die Risikovorsorge, die wir gebildet haben, verbrauchen werden. Was allerdings wichtig ist: Neben ein paar alten Schiffen, die sich schwerer verkaufen lassen, haben wir auch viele neue finanziert, die erst in den vergangenen Jahren gebaut wurden. Und die sind natürlich weiterhin für Käufer attraktiv – wenn der Preis stimmt.

An der NordLB sind mehrere Bundesländer beteiligt, darunter auch Sachsen-Anhalt. Müssen die Länder mit Folgen aus der Schiffskrise und der Übernahme der Bremer Landesbank rechnen?

Dieses Jahr wird für den NordLB-Konzern ein rotes Jahr. Dadurch wird es im nächsten Jahr keine Dividende für die Länder geben. Aber das ist auch die einzige Folge.