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Sachsenring Bike Unternehmen in Sangerhausen unter Beobachtung

Im August übernahm Stefan Zubcic den insolventen Fahrradbauer Mifa in Sangerhausen. Jetzt soll die Firma wieder in Tritt kommen.

12.11.2017, 23:01

Sangerhausen/Magdeburg l Der Fahrradbauer Sachsenring Bike plant im kommenden Jahr zwischen 120.000 und 140.000 Fahrräder herzustellen. Das sagte der Besitzer des Unternehmens, Stefan Zubcic, im Gespräch mit der Volksstimme. Mehrere zehntausend Räder seien bereits von verschiedenen namhaften Discountern bestellt worden, erklärte der Unternehmer. Die Aufträge seien ein deutliches Signal, dass die eingeschlagene Strategie funktioniere. „Unser Plan ist unter anderem, die Discounter als Grundauslastung zu nutzen", erklärte Zubcic.

Der Unternehmer aus Coburg hatte im August den insolventen Fahrradbauer Mifa in Sangerhausen übernommen und danach in Sachsenring Bike Manufaktur umbenannt. Die Belegschaft war da schon geschrumpft. Von zuvor mehr als 500 Beschäftigten waren noch 130 übrig. Der neue Besitzer predigte den radikalen Neuanfang, verordnete Kurzarbeit und zog zurück in das alte Werk im Stadtzentrum von Sangerhausen. Ab Januar soll die Produktion dort wieder hochgefahren werden: Wenn die Kurzarbeit beendet ist, werden jede Woche bis zu 3000 Fahrräder das Werk verlassen.

Zubcic stapelt tief, wenn er auf die letzten drei Monate in der früheren Mifa-Fabrik angesprochen wird, will nicht zu hohe Erwartungen wecken. Der Umzug habe Kosten gespart. Eine Produktion in dem neu gebauten Werk an der Autobahn, das der frühere Eigentümer Heinrich von Nathusius errichten ließ, erschien ihm zu überdimensioniert. So viele Maschinen wie früher werden längst nicht mehr gebraucht. In den Blütezeiten hatte Mifa rund 700 000 Fahrräder pro Jahr gefertigt.

An den Linien trimmt Zubcic seine Mitarbeiter jetzt zu weniger Fehlern. Auch das soll Kosten sparen. Gleichzeitig hat der Sachsenring-Chef in neues Personal investiert. Vor allem die Bereiche Marketing, Vertrieb und Entwicklung waren nach zwei Insolvenzen innerhalb kurzer Zeit ausgeblutet. Erster Erfolg: Vom Fürther Fahrrad-Importeur Cosmic Bikes konnte Zubcic den Vertriebs-Spezialisten Thomas Müller loseisen.

Müller soll jetzt auch wieder den Fachhandel für die Fahrradschmiede aus dem Süden Sachsen-Anhalts begeistern. Vor allem im Premium-Bereich hatten die Mifa-Räder zuletzt Renommee eingebüßt. Marken wie Grace und Steppenwolf will Zubcic neu positionieren. Seine Mitarbeiter sollen deswegen am Design der Räder feilen, aber auch den Einkauf einiger Komponenten überdenken. Dabei steht für Zubcic Qualität im Vordergrund. Schließlich sollen die Markenräder im höherpreisigen Segment für bis zu 5000 Euro verkauft werden. „Es geht mir darum, ein werthaltiges Paket und ein interessantes Preis-Leistungs-Verhältnis für den Kunden zusammenzustellen", sagte Zubcic.

Den Absatz ankurbeln soll auch ein neues Direktvermarktungs-Konzept, das in den kommenden Wochen gemeinsam mit Fachleuten entwickelt wird. Nicht genutzte Produktions-Kapazitäten will Zubcic zudem anderen Fahrradherstellern anbieten. Sachsenring Bike als Lohnfertiger? Das könnte vor allem im E-Bike-Segment bald Realität werden. „Uns liegen sehr interessante Anfragen in diesem Bereich vor", so Zubcic. Weitere Details nannte er nicht.

Die entscheidende Phase wird dabei für Sachsenring Bike wohl erst nach dem Start in die neue Fahrradsaison beginnen. Im ersten Halbjahr sei die Auslastung im Werk gut, danach hingegen gebe es noch Lücken, so Zubcic. Dann hofft er auf kurzfristige Anfragen, um die Manufaktur voll auszulasten. „Wir haben freie und schnell verfügbare Produktions-Kapazitäten. Es wird spannend sein, wie der Markt darauf reagiert", erklärte Zubcic.

Mehrere Tage in der Woche ist Stefan Zubcic derzeit in Sangerhausen. Dabei ist die Bike-Manufaktur nicht der einzige Sanierungsfall des in Coburg (Bayern) lebenden Unternehmers. Im März hatte er den Flachglasveredler Saxo Isotherm aus dem Erzgebirge sowie dessen Zulieferer GKT übernommen. Beide Unternehmen hatten zuvor Insolvenz anmelden müssen. 2016 gab Zubcic bereits dem bayerischen Kunststoffspezialisten Nündel eine zweite Chance, 2014 der Karosseriemodule-Sparte des früheren Trabi-Herstellers Sachsenring in Zwickau. Das Handelsblatt bezeichnete Zubcic wegen dieser Vita bereits als „Restpostensammler".

Jetzt ist klar, zumindest für die frühere Trabi-Schmiede ging die Rettungsaktion nicht gut aus. „Das Unternehmen wird abgewickelt und der Geschäftsbetrieb eingestellt", sagte Zubcic der Volksstimme. Sachsenring als Ersatzteile-Lieferant für die alten Modelle der großen Autobauer sei schlicht nicht mehr gefragt gewesen, so Zubcic. Ein kleiner Trost: Der Marke Sachsenring dürfte im nächsten Jahr zumindest der Sprung auf den Zweirad-Markt gelingen. Im alten Mifa-Werk plant Zubcic ein neues Modell mit dem Namen des Trabi-Bauers, natürlich im Retro-Look.