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Urteil Zu viel Milch wird weiter bestraft

Die Milchbauern sind vor Gericht gescheitert. Die EU-Strafen für Überproduktion gelten rückwirkend.

01.10.2016, 06:18

Hamburg (dpa) l Die Strafzahlung für deutsche Milchbauern wegen zu hoher Milchproduktion im Wirtschaftsjahr 2014/15 ist rechtmäßig. So urteilte das Finanzgericht Hamburg am Freitag in sieben Musterverfahren. Das Urteil gilt als Signal für ähnliche Verfahren in ganz Deutschland. Insgesamt geht es um Abgaben von 309 Millionen Euro für die deutsche Milchwirtschaft, die ihre zugeteilten Produktionsmengen deutlich überschritten hatte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; die Revision zum Bundesfinanzhof ist zugelassen. Die Kläger hatten die Rechtsgrundlagen für die Abgabe angezweifelt.

Für Sachsen-Anhalt spielt das Urteil insofern eine Rolle, dass die Verfahren in anderen Bundesländern „ruhend gestellt werden, bis ein Urteil im Revisionsverfahren ergangen ist“, teilte der Sprecher des Finanzgerichts in Hamburg, Matthias Tieman mit.

Die EU-Milchquote regelte mehr als 30 Jahre lang die europäische Milchproduktion. Für jedes Land legte die EU eine Höchstmenge fest, die auf die Betriebe verteilt wurde. Ziel war es, die Einkommen der Landwirte zu sichern, Überproduktion zu vermeiden, die Milchseen in der EU auszutrocknen und die Butterberge abzutragen. Wenn ein Land seine zugeteilte Produktionsmenge überschritt, musste es eine Abgabe zahlen, zuletzt rund 22 Cent je Liter. Die wurde wiederum auf die Erzeugerbetriebe umgelegt, die für die Überproduktion verantwortlich waren. Ende März 2015 lief die Milchquote aus.

Für die betroffenen Landwirte ist die Entscheidung einschneidend und in einigen Fällen sogar existenzbedrohend. Bundesweit liegen rund 4000 Einsprüche gegen die Abgaben vor; allein beim Finanzgericht Hamburg sind 200 Klagen anhängig. Sie ruhen jedoch bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Bundesfinanzhofs oder des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Insgesamt überschritten zwölf EU-Länder ihre Milchquoten und lösten damit Abgaben von rund 800 Millionen Euro aus. Nur deutsche Landwirte klagen jedoch. Weitere Verfahren seien nicht bekannt, sagte ein Vertreter des Bundesfinanzministeriums bei der Verhandlung.

Wegen der niedrigen Milchpreise praktiziert die EU nun eine Bezuschussung der Betriebe, die ihre Milchmenge reduzieren. Milcherzeuger aus Sachsen-Anhalt können die EU-Fördermittel über das Landwirtschaftsministerium abrufen. Anträge können ab sofort gestellt werden. Das Gesamtbudget der EU in Höhe von 150 Millionen Euro wurde in der ersten Antragsrunde knapp unterschritten. Milchbetriebe, die noch keinen Antrag gestellt haben, können den Zuschuss beantragen. Pro eingespartem Liter erhalten die Erzeuger eine Beihilfe von 14 Cent.

Insgesamt stellt die Europäische Union 40 Millionen Euro für die Maßnahme bereit. Ziel ist es, mit einer Reduzierung des Angebots den Milchpreis wieder zu stabilisieren.

Das Beihilfeprogramm gilt bis einschließlich Juli 2016. Die Antragstellung für die zweite Runde richtet sich an die Erzeuger, die ihre Liefermengen im Zeitraum November 2016 bis Januar 2017 verringern wollen. In Sachsen-Anhalt haben bisher 110 der 400 Milchbetriebe ihre Milchmengen reduziert und Fördermittel erhalten.