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Volkswagen VW-Chef Müller läutet neue Ära ein

Volkswagen stellt sich für die Zukunft neu auf. Vorstand und Gesamtbetriebsrat haben den Zukunftspakt unterzeichnet.

18.11.2016, 23:01

Wolfsburg l Monatelang wurde verhandelt, jetzt steht der Zukunftspakt bei Volkswagen. Rund 30 000 Jobs sollen bis 2025 bei der Kernmarke wegfallen. Allerdings will VW auch 9000 Stellen in den Bereichen Elektromobilität, mobile Dienstleistungen und digitale Vernetzung neu schaffen. „Wir stärken Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit, und wir sorgen für die Zukunftssicherung unserer Standorte“, erklärte VW-Konzernchef Matthias Müller am Freitag.

Der Zukunftspakt ist die Reaktion auf mehrere Entwicklungen. Bis 2025 will VW gut drei Millionen reine Elektroautos pro Jahr produzieren und damit zum Marktführer im Bereich Elektromobilität aufsteigen. Im Pakt ist nun festgeschrieben, welche Werke hierfür umgerüstet und umstrukturiert werden müssen. Drei Milliarden Euro sollen in die Umbauarbeiten fließen. Vereinbart wurde auch, dass alle Standorte erhalten bleiben.

Gleichzeitig soll der Pakt aber auch dazu dienen, die Marke Volkswagen wieder profitabler zu machen. Schon seit Jahren erzielt die Kernmarke VW nur geringe Renditen, zuletzt waren es 1,5 Prozent. Zum Vergleich: Marken wie Porsche fahren zweistellige Renditen ein. Mit Effizienzsteigerungen will VW in den kommenden Jahren 3,7 Milliarden Euro einsparen. Und nicht zuletzt muss der Autobauer auch deshalb sparen, um die Belastungen aus dem Dieselskandal tragen zu können. Wie groß diese am Ende ausfallen werden, lässt sich erst in ein paar Jahren seriös abschätzen.

VW-Gesamtbetriebsrat Bernd Osterloh ist mit dem Pakt zufrieden: „Die wichtigste Nachricht ist: Die Arbeitsplätze der Stammbelegschaft sind sicher. Wir haben vereinbart, dass betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2025 ausgeschlossen sind.“ Zittern dürften allerdings die Leiharbeiter an den VW-Standorten. Und klar ist auch: Je mehr Elektroautos produziert werden, desto mehr Beschäftigte müssen auf die neue Technik umgeschult werden.

Zahlreiche VW-Beschäftigte leben auch in Sachsen-Anhalt und pendeln täglich. Ihre Zukunft ist mit der des Wolfsburger Konzerns verbunden, in guten wie in schlechten Zeiten.

Wie viele genau für VW arbeiten, wird zwar von keiner Statistik erfasst. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit pendeln aber rund 9500 Arbeitnehmer Richtung Wolfsburg, 4200 nach Braunschweig und weitere 4000 in die Region Hannover. Nachdem nun der Zukunftspakt unterzeichnet worden ist, haben die Beschäftigten Planungssicherheit. Sofern sie zur Stammbelegschaft zählen, müssen sie um ihren Job nicht mehr akut fürchten. Sie müssen sich schlimmstenfalls umschulen lassen und bekommen in Krisenzeiten wie diesen nicht mehr ganz so üppige Jahresboni ausgeschüttet.

Der große Umbau bei Volkswagen trifft aber nicht nur die Pendler. Im Norden Sachsen-Anhalts arbeiten rund 24 000 Beschäftigte bei Automobilzulieferern. Wenn der VW-Konzern künftig die Produktion verstärkt auf Elektroautos umstellt, werden weniger Komponenten und Teile für herkömmliche Motoren und Modelle benötigt. Hiesige Firmen müssen dementsprechend prüfen, wie viel Zukunft in ihren aktuellen Produktpaletten steckt. Jürgen Ude, Sprecher des Unternehmensnetzwerkes „Mahreg Automotive“ betont, dass sich die Unternehmen frühzeitig auf den Trend zur Elektromobilität einstellen sollten. „Jetzt bietet sich die Chance neue Geschäftsfelder zu erschließen, das ist auch für Gründer interessant.“ Ude zufolge gibt es auch schon hoffnungsvolle Entwicklungen, etwa im Bereich Batteriespeicher und Brennstoffzellen.

Mit Abschluss des Zukunftspaktes steht aber auch fest: VW wird keine Batteriefabrik in Sachsen-Anhalt bauen. Die Landesregierung hatte hierfür bei VW Interesse angemeldet. Im Pakt ist aber nun festgehalten, dass die Produktion in den kommenden Jahren in Salzgitter schrittweise aufgebaut wird.