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Ehrenamt Einfach „hammermäßig“ engagiert

Der Gardeleger Konrad Hammer erhält den Blumenstrauß des Monats: Er begeistert Jugendliche für Mathematik und Physik.

Von Gesine Biermann 11.03.2017, 02:00

Gardelegen l Vectorenrechnung oder Koordinaten, Funktionen oder Integrale – sein ABC ist das der Mathematik – von A wie Algebra bis Z wie Zerfallskonstante. Für die meisten Menschen sind das ja böhmische Dörfer. Für ihn nicht. Und vielleicht liegt es ja daran, dass er selbst aus einem böhmischen Dorf stammt. Schon der Name klingt wie eine Wissenschaft. Konrad Hammer ist nämlich in „Horná Štubňa bei Banská Bystrica“ geboren. Vor ziemlich genau 75 Jahren. Und den größten Teil seines Lebens schlägt sein Herz vermutlich in mathematisch exaktem Rhythmus – und zwar für seine Frau, für seine Söhne und für die Wissenschaft.

Ob auch Ehefrau Margit genau diese Reihenfolge bestätigt, verrät sie charmanterweise nicht. Aber sie lächelt sehr nachsichtig und sehr liebevoll, wenn Ehemann Konrad über sein Hobby spricht. „Sie hat auch wirklich immer viel Verständnis für mich“, gibt er zu.

Und das braucht man wohl auch, wenn man mit einem Wissenschaftler verheiratet ist. Schließlich musste sie oft ganze Wochenenden auf ihn verzichten. Seit drei Jahrzehnten begeistert Konrad Hammer nämlich in seiner Freizeit Jugendliche für dieses Thema. 18 Mal begleitete er sie monatelang bei der Vorbereitung von mathematischen und physikalischen Projekten für Deutschlands größten wissenschaftlichen Jugendwettbewerb „Jugend forscht „ – sogar schon beim DDR-Pendant „Wir fördern Talente“.

Und er kann sie tatsächlich alle noch beim Namen nennen, diese 29 jungen Leute. Er erinnert sich an jedes einzelne ihrer Projekte. Und mehr als einmal begleitete er in diesen vielen Jahren Preisträger wieder nach Hause.

Besonders an seinen ersten Schützling kann sich Hammer noch gut erinnern. Damals begleitete er den Gardeleger Abiturienten Jens Posmyk – „ein echtes Ausnahmetalent“ – bei seinem Projekt „Chemische Prozesse – Computerprogramm in Basic mit einigen Elementen der Maschinensprache“.

Das klingt heute überholt. Doch damals schrieb man das Jahr 1987. Computer waren im DDR-Alltag noch lange nicht angekommen. Mit ihrem DDR-Computer KC 85/3 war die Computer-AG im Gardeleger Pionierhaus deshalb beneidenswert gut ausgerüstet. Der war übrigens ein Geschenk vom damaligen Möbelwerk-Betriebsleiter Wolfram Deutsch, dessen Sohn Hendrik ebenfalls zu seinen Schützlingen gehörte.

Dass der KC 85/3 mit Diskettenlaufwerksatz, der noch mit einem Kassettenrekorder gestartet werden musste, heute noch läuft, begeistert Konrad Hammer immer wieder. „Das war schon was, damals“, sagt er. Und dann strahlen seine Augen, dass es fast ansteckend ist.

Aber genau dieses Strahlen war wohl auch der Grund dafür, dass er über einen so langen Zeitraum bis heute immer wieder junge Leute für die Informatik begeistern konnte. Und zwar nicht für‘s Daddeln oder Zocken, sondern für ernsthafte Projekte. Die jüngsten beiden in Mathematik und Physik hat er übrigens gerade erst vor wenigen Wochen mit fünf jungen Schülern aus dem Gardeleger Gymnasium abgeschlossen.

Regelmäßig einmal in der Woche arbeitet der pensionierte Lehrer nämlich immer noch mit Schülern in der Gardeleger Freizeitoase, rechnet, programmiert und tüftelt mit ihnen gemeinsam. Und „weil die jungen Leute ja heute auch oft so lange Unterricht haben“, holt er sie vorher einfach mit seinem Auto von der Schule ab. „Und manchmal bringe ich sie hinterher auch wieder nach Hause“, sagt Hammer schmunzelnd. Rundumservice im Namen der Wissenschaft also. Mehr Engagement geht wohl nicht! Oder doch?

Bei Konrad Hammer schon. Zwölf Jahre lang trainierte er mit Schülern nämlich auch in den Ferien im Mathematik-Spezialistenlager in Gager (Rügen), bereitete sie zum Beispiel auf Mathematik-Olympiaden vor. Dann allerdings kam Ehefrau Margit – selbst Lehrerin – kurzerhand mit – und zwar als Sanitäterin. Sonst hätte sie ihren Konrad wohl gar nicht mehr zu Gesicht bekommen.

Und auch sonst stand sie immer hinter ihrem engagierten Ehemann. Das Paar spendierte dem Pionierhaus schon Mitte der 1980-er Jahre sogar einen Farbfernseher. Und zwar nicht nur für die Fußball WM 1986 – auch wenn die Begeisterung der jungen Computerfreaks über das Endspiel Deutschland–Argentinien in Farbe damals natürlich groß war. Der Clou war aber, dass nun auch „in Farbe programmiert werden konnte“, so Hammer. Darüber schrieb der damalige Mathematik- und Physiklehrer an der Erweiterten Oberschule sogar mehrere Pädagogische Lesungen, die bei den Fachberatern im Bezirk gut ankamen. Nur der politischen Führung waren sie wohl zu fortschrittlich: Das Zentralinstitut für Weiterbildung lehnte sie nämlich mit der Einschätzung „schulpolitisch untragbar“ ab.

Fachberater Ardito Messner, ein angesehener Mathematiker, tröstete ihn in einem privaten Brief. „Lass den Kopf nicht hängen und mach weiter“, riet er. Und das machte Konrad Hammer – bis heute. Bereut hat er davon keinen Tag. „Langweilig war es bei uns nämlich nie“, sagt Ehefrau Margit lächelnd. Und ihn habe die Arbeit mit den jungen Leuten jung gehalten, versichert Hammer. Und ein bisschen sicher auch sein zweites großes Hobby, das Fußballspielen. Es gibt nämlich auch Wissenschaftler, die kicken können.

Kennen Sie, liebe Leser, auch jemanden, der für sein Hobby brennt und damit andere begeistert, oder jemanden, der sich unentgeltlich für andere einsetzt, sich um Menschen kümmert, die Hilfe brauchen, dann schlagen Sie ihn doch für den nächsten Blumenstrauß des Monats vor. Einfach anrufen unter 03907/80 69 26.