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Laufsteg zum Wegschauen: Reizthema schlechter EM-Rasen

Der Ärger über den schlechten Rasen bei der EM reißt nicht ab. Die Qualität der Spiele leidet, das Image der Grande Nation bekommt weitere Kratzer ab.

Von Jens Marx, dpa 18.06.2016, 23:01

Lille (dpa) - Die Abschlusseinheiten müssen auf andere Plätze verlegt werden, der Unmut und das Unverständnis über die schlechten Rasenverhältnisse bei der Fußball-Europameisterschaft nehmen immer weiter zu.

Das ist eine Schande, schimpfte der Schweizer Trainer Vladimir Petkovic nach dem 0:0 seiner Mannschaft am Sonntagabend gegen Gastgeber Frankreich über den Platz in Lille.

Schon beim Betreten des Spielfeldes hatte Kollege Didier Deschamps das Gesicht verzogen. Nach der Partie sagte der Coach der Équipe tricolore: Ich weiß nicht, wer für den Platz verantwortlich ist, solche Verhältnisse sind aber in der Gruppenphase nicht gut.

Beide Mannschaften hatten das Training am Abend vor der Partie bereits auf einem anderen Spielfeld als dem sichtlich mitgenommenen Geläuf des Stade Pierre Mauroy von Lille absolvieren müssen. Und das ist längst kein Einzelfall. In Marseille hatte das Abschlusstraining im Stade Vélodrome von Ungarn und Island gestrichen werden müssen. 

In Lyon, wo die Franzosen am kommenden Sonntag ihr Achtelfinale bestreiten, mussten nach schweren Regen- und Hagelschauern Albanien und Rumänien ihre letzten Übungseinheiten ebenfalls woanders bestreiten. Auch in Bordeaux mussten Kroatien und Spanien ausweichen. Am Freitag hatte Turnierdirektor Martin Kallen bereits eingeräumt: Mit einigen der Rasen sind wir nicht zufrieden. Sie könnten besser sein.

Schon im Eröffnungsspiel im Stade de France, in dem am 10. Juli auch das Finale steigt, hatte Frankreichs Mittelstürmer Olivier Giroud nach wenigen Minuten und einigen Rutscheinlagen die Schuhe gewechselt. Für Schweiz-Trainer Petkovic wirken sich die Verhältnisse der Plätze unmittelbar auf die Partien aus. Das hat das Spiel sehr beeinflusst, meinte er nach der Nullnummer von Lille. Das Spiel war gut, aber es hätte sehr viel besser sein können. Ich hoffe, dass es gelingt, die Platzverhältnisse zu verbessern.  

Dabei waren die Probleme vorprogrammiert. Beispiel Marseille, dem schlimmsten aller Laufstege: Wenige Wochen vor der EM fand in dem Stadion ein Konzert der Rocker von AC/DC statt. Als ich die Bilder und Videos gesehen habe, wie die Leute rausgegangen sind, hab' ich gedacht, ich bin auf einem anderen Planeten, hatte Deschamps dies kommentiert. 

Beispiel Lyon: Durch das verschließbare Dach und die Stadionkonstruktion bekommt das Gras, das nur noch bedingt grün ist, bisweilen wenig Sonnenlicht und Wind ab.

Als ob diese EM nicht schon mit genug Stimmungs-Hemmnissen zurechtzukommen hätte, schaden die Plätze auch dem Sport-Image des Landes, fürchtet die L’Équipe: Für den französischen Sport ist das Signal, das in die Welt gesendet wird, schrecklich. Und mit Besserung rechnet das Blatt in Sachen Rasen auch nicht. Es wird kein Wunder geben.