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EU-Jubiläen Gedämpfte Feierlaune in Brüssel

Zweimal innerhalb wenigen Wochen kann die Europäische Union Marksteine ihrer Entwicklung feiern. Doch es ist wenig Raum für Jubel.

Von Steffen Honig 07.02.2017, 00:01

Heute vor 25 Jahren schrieb sich Maastricht dauerhaft in die EU-Geschichte ein. Mit dem in der niederländischen Stadt unterzeichneten Vertrag wurde die Wirtschafts- und Währungsunion perfekt gemacht, die 2002 in die Euro-Einführung mündete. Aus der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaf entstand die Europäische Gemeinschaft. Eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik wurde damals fixiert und eine Verzahnung der Innenpolitik. Zwölf Mitgliedsstaaten zählte die Gemeinschaft kurz nach der Umwälzung in Europa. Eine große Feier zum Jubiläum ist nicht vorgesehen – die gab es bereits im vergangenen Dezember.

Der Staatenbund hatte mit diesem Vertrag wohl den Gipfel an Anziehungskraft erlangt. Norwegen und die Schweiz ausgenommen, war es nun für die unentschlossenen Staaten Westeuropas Zeit, zum Brüsseler Klub hinzuzustoßen. Österreich, Finnland und Schweden taten diesen Schritt 1995, Jahre später folgten die Osteuropäer.

Die Briten hatten weit früher die Zeichen der Zeit erkannt. Nach vergeblichen Anläufen in den 1960er Jahren – Frankreich blockierte zunächst – sprangen sie 1973 auf den europäischen Zug auf. Sonderlinge waren sie allerdings immer in diesem Bund.

Premierministerin Margaret Thatcher, die „eiserne Lady“ rang den Partnern einen Rabatt bei den Beitragszahlungen ab. Mit äußerstem Argwohn betrachtete man von London aus die Bestrebungen zur Schaffung einer einheitlichen Währung. Überhaupt war Großbritannien eine enge europäische Integration zuwider. Die britische Regierung sorgte auch maßgeblich dafür, dass in den Vertrag von Lissabon, der eine Art EU-Verfassung darstellt, die Ausstiegsklausel aufgenommen wurde. Auf dieser beruht der Brexit, den das Vereinigte Königreich in den kommenden Jahren durchziehen will.

Von dem einstigen Nimbus der EU als eines alternativlosen Projektes ist viel verloren gegangen. Beitrittsbegehren ergeben sich nicht mehr aus irgendwelchen Visionen, sondern sind der Hoffnung auf einen finanziellen Segen geschuldet. Der Westbalkan ist dafür ein Beispiel, wobei die Friedenserhaltung immer mitschwingt.

Der neue US-Präsident Donald Trump feuert die Briten sogar noch an, sich schnellstens von den Partnern auf dem Kontinent zu lösen. Da hatten die Amerikaner in den 1950er Jahren noch eine ganz andere Rolle eingenommen.

Nach dem verheerenden Weltkrieg, beinahe nahtlos abgelöst vom Ost-West-Konflikt, war ein starkes, geeintes Westeuropa vorrangiges US-Interesse.

Das wollten die kriegsmüden Europäer auch und gründeten die Gemeinschaft für Kohle und Stahl, besser bekannt als Montanunion. Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande wollten damit verhindern, dass Konkurrenzkampf in der Schwerindustrie sich bis zum bewaffneten Konflikt aufschaukeln konnte.

Der Sechserklub funktionierte und ging einen entscheidenden Schritt weiter: Am 25. März 1957 in Rom wurden die Verträge über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Atomgemeinschaft (Euratom) unterzeichnet. Fixiert waren darin der Aufbau einer Zollunion, die Errichtung eines gemeinsamen Marktes, die Bewegungsfreiheit für Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital sowie die Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie. In Westeuropa aufmerksam beäugt, erwiesen sich die Vertragskonstruktionen als erfolgreich. Deshalb werden die Römischen Verträge im März ausgiebig gewürdigt. Waren sie doch die Grundlage für das Einigungswerk. Dessen politische und soziale Vollendung steht jedoch in den Sternen.