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ZDF-Dreiteiler "Honigfrauen" Anja Kling: "Diese Frau hat sich arrangiert"

Der TV-Dreiteiler "Honigfrauen" ist eine Geschichte aus der ehemaligen DDR, in der zwei freiheitsliebende Schwestern und eine besorgte Mutter die Hauptrollen spielen.

Von Interview: Klaus Braeuer, dpa 23.04.2017, 00:00

Hamburg/Berlin (dpa) - Anja Kling (47) ist aus vielen TV-Rollen in Komödien, Dramen und in Krimis bekannt. Sie spielt eine Kommissarin im ZDF-Samstagskrimi "Dresden Mord" oder die Film-Tochter von Dieter Hallervorden in der Komödie "Chuzpe - Klops braucht der Mensch" (ARD).

Jetzt ist sie in dem Dreiteiler "Honigfrauen" (ab 23. April) im ZDF als Mutter zweier Töchter zu sehen. Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur spricht sie über diese neue Mutter-Rolle, wie sie die DDR im Jahre 1986 erlebt hat und ob sich eine solche Geschichte auch wirklich hätte ereignen können.

Frage: Waren Sie jemals am Balaton?

Antwort: Nein. Wir sind jedes Jahr mit einer großen Truppe zum Zelten an die Ostsee gefahren, und im Winter in die Hohe Tatra zum Skifahren. Mehr war finanziell nicht drin, aber ich habe das sehr genossen. Hinzu kam, dass meine Mutter gar nicht zum Plattensee wollte, denn da wurden ja die großen Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen so richtig sicht- und spürbar. Sie wollte einfach nicht, dass wir als Personen zweiter Klasse behandelt worden wären. Also waren wir nie da.

Frage: Wie haben Sie denn die Zeit erlebt, in der der Film spielt?

Antwort: 1986 war ich 16, also noch ein halbes Kind. Ich persönlich habe nie ständig und überall Stasi gespürt, und wir sind damals auch nie in einer ständigen Bespitzelungs-Angst herumgelaufen, wie das stellenweise immer wieder zu lesen ist. Ob das also mit der sogenannten "Balaton-Brigade" stimmt, kann ich gar nicht sagen. Was den Filmtitel betrifft, so ist der zumindest gut erfunden. Ich kannte den vorher auch nicht und bin mir nicht wirklich sicher, ob das auch stimmt, dass die Ost-Mädels alle so süß-klebrig wie Honig an den West-Jungs gehangen haben. (lacht)

Frage: Was ist denn die Kirsten Streesemann für eine Frau?

Antwort: Sie ist eine lebensfrohe und positiv eingestellte Frau. Vielleicht hätte sie sich ein anderes Leben gewünscht, im Westen, mit mehr Freiheit und mit vielen Reisen. Aber sie hat sich arrangiert mit dem Leben im Plattenbau des Ostens und hat es sich so gut wie möglich eingerichtet. Sie liebt ihre beiden Töchter, hat einen treuen und liebevollen Mann, auch wenn er vielleicht nicht die ganz große Liebe ist. Sie ist praktisch veranlagt, nimmt die Dinge gerne in die Hand, statt zu lamentieren und der Vergangenheit hinterher zu trauern.

Frage: Hätte sich eine solche Geschichte wirklich ereignen können?

Antwort: Eine Geschichte in dieser Art hätte sich in der damaligen Zeit natürlich ereignen können. Sie ist ja mit einer großen Leichtigkeit erzählt, es ist ein Badehosen-Sommerfilm, ohne allzu großen Tiefgang, sehr fröhlich und heiter, aber das ist genauso gewollt. Man könnte das Ganze natürlich auch anders erzählen - wie zum Beispiel in "Der gleiche Himmel", wo ich auch eine Mutter von zwei Töchtern spiele -, aber dann wäre ein Film entstanden, der weniger unbekümmert, dafür dramatischer und tiefgründiger geworden wäre. In "Honigfrauen" gucken wir von außen auf ein Stück Zeitgeschichte, das in großen Teilen auch eine Liebesgeschichte ist.

Frage: Ihr Film "Zweibettzimmer" (lief gerade im ZDF) ist eine ganz andere Geschichte.

Antwort: Oh ja, da spiele ich eine Ärztin und alleinerziehende Mutter, die ihr Leben voll im Griff hat und sehr eingerastet nach genauen Regeln lebt. Ein Unfall zwingt sie zu einem längeren Aufenthalt in der Klinik, und dort liegt sie mit einer Frau in einem Zimmer zusammen, die das genaue Gegenteil von ihr zu sein scheint. Sie wird von Carol Schuler gespielt, die für mich eine ganz große Entdeckung ist: Sie sieht aus wie Amy Winehouse und singt auch so. Beide Frauen im Film nähern sich allmählich an und machen eine große Wandlung durch. Das ist ein kleiner, weiser Film, der ganz viel über uns, über Freundschaft, Vorurteile und über von außen aufgestülpte Wichtigkeiten erzählt, die im Grunde gar keine Rolle im Leben spielen sollten und uns auch gar nicht glücklich machen.

ZUR PERSON: Anja Kling wurde 1970 in Potsdam geboren und wuchs gemeinsam mit ihrer fünf Jahre älteren Schwester, der Schauspielerin Gerit, auf. Ihr Vater war Atelierchef im Filmstudio Babelsberg, ihre Mutter ist auch ihre Agentin. Erste kleinere TV-Rollen hatte sie in "Mit Leib und Seele" (1988, DEFA) und in Krimis der Reihe "Polizeiruf 110" (DFF). Über die Jahre wurden die Rollen immer größer, wie in "Wir sind das Volk - Liebe kennt keine Grenzen" (2008, Sat.1), "Mama kommt" (2009, ZDF), "Das Adlon" (2013, ZDF) und "Tod eines Mädchens" (2015, ZDF). Anja Kling lebt in Wilhelmshorst bei Potsdam.