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Diagnose Krebs: Die Frau, die sich traut auf Arte

08.10.2015, 23:01

Berlin (dpa) - Als Beate in die alte Wanne mit Eiswasser steigt, um ihre Widerstandskraft zu testen, spürt auch der Zuschauer einen eiskalten und fröstelnden Moment. Es ist ein bewegender Augenblick. Aber warum tut Beate (Steffi Kühnert) sich das an? 

Sie steht kurz vor ihrem 50. Geburtstag, und mit ihrem Leben ist sie - oberflächlich betrachtet - eigentlich ganz zufrieden. Sie hat einen Job, ein Haus, Freunde und Kinder, um die sie sich gern kümmert. Ihr Leben jedoch gerät aus der Bahn, als bei ihr Krebs diagnostiziert wird.

Aus dieser unheilvollen Nachricht heraus aber erwächst ein kühner Plan. Die einst schnellste Schwimmerin der DDR möchte ihren Jugendtraum verwirklichen und den Ärmelkanal durchqueren. Rund 44 Kilometer. Dafür quält sie sich - joggt, schuftet am Rudergerät, schwimmt stundenlang in der Ostsee und steigt ins Eiswasser, um sich an die Wassertemperatur des Ärmelkanals zu gewöhnen.

Anhand eines Einzelschicksals erzählt Marc Rensing (Parkour) mit seinem stillen Drama Die Frau, die sich traut, an diesem Freitag um 20.15 Uhr auf Arte, eine universelle Geschichte. Es ist nie zu spät, seine Träume zu verwirklichen. Es ist nie zu spät, seinem Leben noch einmal eine neue Richtung zu geben, lautet Rensings Botschaft.

Dabei nimmt er sich viel Zeit, die sehr nüchtern aufgefasste Lebenswirklichkeit Beates mit fast dokumentarischem Blick einzufangen. Ihr Haus in Mecklenburg-Vorpommern hat schon bessere Tage gesehen. Da blättert die Farbe ab, ist alles schon ein bisschen oll, beengt und trist. Das Paradies sieht anders aus, ein Aufbruch zu neuen Ufern ist mehr als wünschenswert.

Immer wieder schneidet Rensing im Drama aus dem Jahr 2013 Bilder vom Meer dazwischen. Sehnsuchtsbilder, die aus der kleinbürgerlichen Enge hinaus bis zum Horizont führen. Genau da will Beate hin und noch viel weiter. Auch Steffi Kühnert (50, Das weiße Band), der man jede Sekunde abnimmt, dass sie auch in Wirklichkeit das Abenteuer bestehen könnte, hat sich für den Film gequält: Es war wirklich hart und ging schon an den Rand der physischen, aber auch der psychischen Belastung, sagte sie laut Verleih-Mitteilung über ihr Schwimmtraining. Aber ich wollte das unbedingt schaffen, denn solche Rollen sind eine Rarität.

Auch Beate will es unbedingt schaffen. Eine starke und mutige Frau, die ihr Leben im Angesicht des Todes komplett auf den Kopf stellt, um sich ihren größten Traum zu erfüllen. Ich seid doch noch so jung und habt so viele Träume, sagt sie einmal zu ihrem Sohn Alex (Steve Windolf). Er erwidert: Hast du keine mehr? Doch, Beate hat noch Träume.

Ihre Umwelt reagiert bestürzt und voller Unverständnis. Die Kinder halten sie für komplett durchdreht. Du mit deiner scheiß Schwimmerei, meint ihre Tochter Rike (Christina Hecke), die plötzlich ohne kostenlose Betreuung für ihre eigene Tochter dasteht. Du hast sie nicht mehr alle, meint der noch bei der Mutter wohnende Sohn, der immer häufiger in einen leeren Kühlschrank blickt. Ja, es war alles so bequem. Aber mit der Entscheidung, sich ihren Jugendtraum zu erfüllen, erobert sich Beate ein großes Stück Selbständigkeit zurück und gewinnt zunehmend an Selbstvertrauen.

Wird sie durchhalten? Hat sich die Plackerei gelohnt? Wird sie die Krankheit noch ein bisschen in Schach halten können? Nachdem man mit Beate mitgefiebert hat, darf das doch nicht schiefgehen...