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Hauptziel erreicht Heinrich Popow bewegt bei "Let's Dance" alle

Mit einer Beinprothese tanzt der zweimalige Paralympics-Sieger Heinrich Popow bei "Let's Dance" mit. Inzwischen ist er Publikums-Liebling und für viele sogar ein Favorit.

Von Holger Schmidt, dpa 06.04.2017, 13:37
Heinrich Popow und Kathrin Menzinger beim Training. Foto: Henning Kaiser
Heinrich Popow und Kathrin Menzinger beim Training. Foto: Henning Kaiser dpa

Köln (dpa) - Am Freitagabend werden wahrscheinlich wieder rund vier Millionen Menschen zuschauen. Viele von ihnen werden klatschen und jubeln, andere werden eine Träne verdrücken oder sogar hemmungslos weinen. So oder so: Kalt lassen die Auftritte von Heinrich Popow in der RTL-Show "Let's Dance" niemanden.

"Wir haben alle geweint", sagte Moderatorin Sylvie Meis am vergangenen Freitag nach dem Contemporary des zweimaligen Paralympics-Sieger mit seiner Tanzpartnerin Kathrin Menzinger: "Was Ihr mit uns macht, ist kaum zu beschreiben." Die Kamera zeigte weinende Menschen im Publikum.

Als erster deutscher Teilnehmer der Show mit einer Bein-Prothese steigt Popow mehr und mehr zum Publikumsliebling auf. Er hat es nicht nur geschafft, in drei Sendungen nicht rausgewählt zu werden. Am Freitag bekam er unter zwölf Teilnehmern die drittmeisten Jury-Punkte.

Auch deshalb, weil der Tanz zum Radiohead-Song "Creep" (zu deutsch: Ekel) in der Themen-Show der 90er Jahre in Popows Augen auch seine Geschichte darstellte. "In den 90er Jahren habe ich keine kurze Hose getragen, weil ich mich geschämt habe", sagt der 33-Jährige, dem im Alter von neun Jahren wegen eines Tumors in der Wade das linke Bein amputiert werden musste, der Deutschen Presse-Agentur.

Heute hat der gebürtige Kasache, der 2012 über 100 Meter und 2016 im Weitsprung Paralympics-Gold gewann, damit kein Problem mehr. "Wir leben in einer Gesellschaft, in der viele Instagram- und Facebook-Idealen hinterherjagen und sich selbst vergessen", erklärt Popow: "Ich bin stolz, ein Creep und Weirdo (Sonderling und Kauz) zu sein."

Es sei sowieso seine größte Stärke, "dass er sich nicht verstellt und so ist, wie er ist", sagt Kathrin Menzinger. Die dreifache Showtanz- Weltmeisterin hat schon in insgesamt sieben Staffeln in Deutschland und Österreich mehr oder weniger prominenten Menschen versucht, das Tanzen beizubringen.

Natürlich sind Popows Darbietungen objektiv schwer mit den anderen zu vergleichen. Doch seine sportliche Leistung ist mehr als beachtlich. "Ich habe versucht, auf seinen Prothesen zu stehen. Es ist unglaublich, wie man überhaupt darauf gehen kann", sagt Menzinger: "Und was er damit macht, ist unfassbar."

Wie weit es für ihn gehen kann, wie lange er noch Freitag für Freitag vor Millionen Menschen tanzen darf, weiß Popow nicht. Er hat Ehrgeiz, ist aber auch vorsichtig. "Mein Hautpziel habe ich schon erreicht", sagt er: "Die Leute zu sensibilisieren. Berührungsängste und den Ekel vor der Amputation abzubauen. Rausfliegen will ich natürlich auf keinen Fall. Aber irgendwann ist die Zeit für mich gekommen. Und Mitleidspunkte will ich nicht."

Mit den 25 von 30 möglichen Jury-Zählern vom vergangenen Freitag sei er "wahrscheinlich auf dem Hoch der Bewertung angekommen. Contemporary hat nichts mit Technik zu tun. Und wenn ich beim Ausdrucks-Tanz verkackt hätte, hätte ich was falsch gemacht." Nun aber müsse er "ackern mit der Technik. Deshalb werde ich punktemäßig vielleicht im Mittelfeld rumlaufen."

Das sieht Menzinger ganz anders. Popow ist sogar ein Favorit, glaubt die 28-Jährige, die 2005 den ehemaligen Fußball-Profi Hans Sarpei zum Sieg führte. "Ich sehe uns ganz, ganz weit oben", sagt sie: "Alles ist möglich. Auch ohne Mitleidspunkte."

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