1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. TV & Streaming
  6. >
  7. Das manipulierte Bild

TV-Tipp Das manipulierte Bild

Wir alle werden täglich mit einer Flut von Bildern konfrontiert, und wir wissen immer weniger, woher die Bilder kommen und ob sie echt sind. Eine TV-Doku geht dieser bedenklichen Entwicklung nach.

Von Klaus Braeuer, dpa 28.09.2016, 23:01

Berlin (dpa) - Können wir den vielen Bildern im Fernsehen und im Internet noch trauen? Um diese spannende Frage geht es in der Doku Das manipulierte Bild, die an diesem Donnerstag (20.15 Uhr) auf 3sat zu sehen ist.

Der Fall um den ausgestreckten Varoufakis-Mittelfinger ist unvergessen. Es fanden sich keinerlei Hinweise, dass das Foto irgendwo mit Photoshop am Computer bearbeitet wurde - es war keine Manipulation zu erkennen: Der Finger des griechischen Ex-Finanzministers auf dem Foto war und ist echt. Der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann hatte einen gefakten Beitrag über die angebliche Fälschung des Bildes gemacht - und damit für viel Aufmerksamkeit gesorgt.

Bildforensiker sind Pixel-Detektive und entdecken allerhand verräterische Spuren. Jens Kriese ist so einer - er vertraut weniger seinen Augen als seinen Algorithmen. Das bedeutet: Anhand von GPS-Daten, Wetterlage, Gebäuden oder Soldatenuniformen versucht der Experte, den Wahrheitsgehalt von Quellen zu überprüfen. Er sagt im Film: Man sollte neutral rangehen. Von daher ist mir der Bildinhalt zunächst einmal egal. Er achtet eher auf andere Details - und vor allem darauf, wie das Original einmal ausgesehen hat.

Im Film wird eine Fälschung hergestellt, mit einem Foto, das Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem damaligen französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy zeigt. Florian Füger (Stargate Studios Köln) weist auf die Unzulänglichkeiten wie Licht und Schatten hin und tauscht Sarkozy innerhalb von drei Stunden gegen den türkischen Präsidenten Erdogan aus. Photoshop ist die gefährlichste Waffe, um Fotos zu verändern oder gar zu fälschen, sagt er im Film. Damit kann die Botschaft oder die Wirkung eines Fotos drastisch verändert werden.

Zum Teil sind die Regeln für professionelle Fotografen deshalb strenger geworden: Manche Auftraggeber verlangen das Rohmaterial, ein Bildredakteur wählt dann den passenden Bildausschnitt aus, passt die Helligkeit an oder verändert die Hauttöne. Doch wo verläuft die Grenze zwischen echt und falsch? Wenn etwas auf einem Foto hinzugefügt oder weggelassen wird, dann ist das eine bewusste Fälschung. Von Leserrreportern hält man in vielen Redaktionen nicht viel, und im Zweifel geht Sorgfalt vor Schnelligkeit.

Der Kunsthistoriker Matthias Bruhn warnt vor der Gefahr, dass die Leser zu vertrauensselig mit vielen veröffentlichten Fotos umgehen - oder dass Menschen nur das sehen, was sie auch sehen wollen. Dies gilt vor allem für den Umgang mit Fotos im Internet, zum Beispiel mit Fotolügen über Flüchtlinge. Da werden dann schon mal Flüchtlinge in Indonesien in einen Zug hineinkopiert, der angeblich auf dem Weg nach Deutschland ist.

Beispiel Silvesternacht 2015 in Köln: Hier wurden in Einzelfällen Fotoausschnitte aus Ägypten in die Fotos von Köln eingefügt. Der Verein gegen Internetmissbrauch Mimikama (das bedeutet: Gefällt mir) kümmert sich um solche Manipulationen. Mitglied Andre Wolf sagt im Film: Der Fake an sich ist dramatischer und verstörender als die vergleichsweise nüchterne und eher langweilige Aufklärung und findet dadurch wesentlich weniger Beachtung.

Filmautor Claus U. Eckert weist sehr deutlich darauf hin, wie hilflos der Mensch der unfassbaren Flut von Bildern ausgesetzt ist, im Netz und auch im Fernsehen. Er liefert auch Beispiele aus dem eigenen Sender, dem ZDF, wo man sich täglich dem Druck der Aktualität stellen muss, und natürlich auch der Schnelligkeit im Internet. Auch Videos können mittlerweile manipuliert werden, die Werkzeuge dafür werden immer einfacher. Die Wahrheit spielt immer weniger eine Rolle, die Likes oder das Teilen eines Fotos sind das, worum es vielen Menschen geht. Ist alles nur noch Trash, Rhetorik oder Propaganda? Gegen rufschädigende Manipulationen ist nach wie vor kein Kraut gewachsen, doch völlig ahnungslos sollte der Betrachter nicht sein. Vielleicht sollten wir alle lernen, Fotos kritischer zu betrachten und sich mit dem gesunden Menschenverstand zu fragen, was echt ist und was nicht. Wenn wir es denn wirklich wissen wollen.

Das manipulierte Bild