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TV-Tipp Der tausendköpfige Drache

China scheint ökonomisch ständig zu wachsen. Dem Riesenland in Asien widmet Arte eine Themennacht. Eindringlich zeigt die Dokumentation Der tausendköpfige Drache, wie naiv der Westen dem Land gegenübersteht.

Von Ulrike Cordes, dpa 24.10.2016, 23:01

Berlin (dpa) - China hat viele Facetten. François Reinhardt und Franck Renaud zeichnen in ihrer Dokumentation Der tausendköpfige Drache ein kritisches Bild.

Die Volksrepublik mit 1,3 Milliarden Einwohnern erscheint darin als gefräßiges Ungeheuer, das skrupellos auf allen Kontinenten Informationen stiehlt und sich einverleibt, um in naher Zukunft die Technologie- und Wirtschaftsmacht Nummer eins zu werden. Der knapp einstündige Beitrag leitet am Dienstag (25. Oktober) um 22 Uhr eine Arte-Themennacht über China ein.

Die haben Autoren haben sich mit Chinas Wirtschaftspolitik ausiebig beschäftigt. Interviews mit Geheimdienstchefs, Managern, Wissenschaftlern sowie dem früheren französischen Ministerpräsidenten Jean-Pierre Raffarin samt Fallbeispielen aus Frankreich, Deutschland, Kanada oder den USA belegen die Praktiken des Drachen. Der saust in der Doku als animiertes Fabelwesen über den Globus und verwandelt sich schon mal in ein blutsaugendes Neunauge.

Am erschreckendsten erscheinen dabei die Naivität und Bereitschaft westlicher Entscheidungsträger, den Konkurrenten in die eigenen Karten gucken zu lassen. Mithilfe vermeintlicher Praktikanten etwa, die im Namen guter ökonomischer Beziehungen zu Peking in europäische Unis und Firmen eingeladen werden. Und die dann nicht selten als Wirtschaftsspione agieren. China unterhält heute das größte Spionagenetz der Welt. Ein gewaltiger Drache mit tausend Köpfen, von denen jedoch nur die wenigsten sichtbar sind, heißt es im Film.

Dahinter stecke ein ausgeklügelter Plan der 1949 gegründeten kommunistischen Volksrepublik. Die chinesische Regierung hat erkannt, welche Technologien, Fähigkeiten und Informationen sie benötigt, um in der globalisierten Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu werden, erklärt Shawn Henry vom FBI. Dabei entstehe in Peking aus vielen auch kleinen Informationen durch zahllose im Ausland weilende Chinesen am Ende ein umfassendes Bild. Traditionell gilt in Fernost Nachahmung als anerkannte Arbeitsmethode. Ein guter Schüler ist dort jemand, der seinen Meister kopiert, erklärt Raffarin.

So konnte es bereits um die Jahrtausendwende zum Flop mit dem Hochgeschwindigkeitszug kommen. China wollte damals sein Eisenbahnnetz ausbauen und öffnete den Markt für ausländische Unternehmen. Man winkte mit Verträgen - die nie unterzeichnet wurden. Stattdessen studierte man sorgfältig das japanische, französische und deutsche Know-how und baute den Zug selbst.

Ein anderer eklatanter Fall: Bei Großaufträgen an den europäischen Flugzeugbauer Airbus erzwang Peking die Bedingung, dass die Endmontage im eigenen Land stattzufinden habe. So gelangten die Asiaten auf legalem Weg an Kenntnisse über die Technologie. Darüber hinaus verschwand Anfang 2007 eine A-320-Maschine, die man dann auf dem Rollfeld eines chinesischen Flughafens entdeckte. Experten für Industriespionage vermuten, dass die Chinesen sie versteckt hatten, um sie zu zerlegen, zu untersuchen und wieder zusammenzusetzen zu lassen. Längst startet von dortigen Rollbahnen ein bauähnliches Modell namens C919.

All die im Film genannten Beispiele legen ein Umdenken im Umgang mit den chinesischen Partnern dringend nahe. Auf eine Information verzichten die französischen Filmemacher allerdings: Der Drache hat als Symbolfigur in asiatischen Augen keineswegs nur bedrohliche Eigenschaften. In China steht er auch für Langlebigkeit und Wohlstand, Glück und Frieden.

"Der tausendköpfige Drache" in der Arte-Mediathek