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TV-Tipp Für Dich dreh ich die Zeit zurück

Manche Ehen gehen schnell in die Brüche, manche halten zwei ganze Leben lang. Um eine solche geht es in einer neuen TV-Tragikomödie im Ersten. Und um die Musik der 70er Jahre.

Von Klaus Braeuer, dpa 25.05.2017, 23:01

Berlin (dpa) - Seit gut 40 Jahren ist das Wiener Ehepaar in diesem Film schon miteianander verheiratet. So weit so gut - doch dann erkrankt die Gattin schwer, und der Gatte weiß nicht, wie er ihr helfen kann. Dann kommt ihm eine Idee, die der Filmtitel sehr hübsch umschreibt: "Für Dich dreh ich die Zeit zurück" ist an diesem Freitag (26. Mai, 20.15 Uhr) im Ersten zu sehen.

"Sie kommen mir bekannt vor, auch wenn Sie mir nicht sympathisch sind." So spricht Erika (Gisela Schneeberger) zu ihrem Mann Hartmut (Erwin Steinhauer), den sie für einen Taxifahrer hält. Da helfen selbst die vielen gelben Zettel als Merkhilfen im Auto nichts, die auch überall im Haus kleben: Erika hat Alzheimer und lebt in ihrer ganz eigenen Welt. Ihr kühler Sohn Thomas (Simon Schwarz) möchte am liebsten, dass seine Mutter in ein Heim kommt.

Doch das kommt gar nicht in Frage, denn an die gute alte Zeit kann sie sich sehr wohl erinnern - vor allem an die Musik der 70er Jahre. Also läuft die auch recht oft, und das ohnehin schon recht schräg eingerichtete Haus wird mit Hilfe von Enkelin Helena (Ella Rumpf) kurzerhand in diese Zeit zurückversetzt: Alte Möbel finden sich noch auf dem Dachboden, und die Wände sind auch ratzfatz mit knalligen Disco-Tapeten versehen.

"Man weiß ja, wer sich an die 70er erinnern kann, hat sie nicht wirklich erlebt. Es war eine wilde, unbeschwerte Zeit, eine Zeit geprägt von großem Optimismus und Lebensfreude", zitiert die ARD Erwin Steinhauer (65, "Die Toten von Salzburg", "Das finstere Tal").
"Ich gründete 1974 meine erste Kabarett-Truppe, feierte meine ersten Erfolge und tourte durch die Lande. Erst die Geburt meiner ersten Kinder, Iris und Matthias, haben ein bisschen Ruhe in mein Leben gebracht."

Ganz ruhig und mit Bravour spielen er und seine Kollegin ihre Figuren, im Kampf gegen das Vergessen. Steinhauer überzeugt mit viel Gespür für Tiefgang, aber auch mit zu Herzen gehenden Momenten - und Gisela Schneeberger (68, "Wir sind die Neuen", "Das Zeugenhaus") verleiht ihrer Erika die nötige Mischung aus Naivität und Erstaunen - fast wirkt es so, als ob sie selbst ständig von dem überrascht ist, woran sie sich anhand von Fotoalben oder Werbesprüchen in ihrer Rolle erinnert. Und so darf sie eben auf die Frage ihres Mannes "Was suchst Du, Schatz?" antworten: "Den gestrigen Tag". Oder auch: "Und jetzt bitte - die Stille einschalten!"

Natürlich ist die Komödie von Regisseur Nils Willbrandt in erster Linie eine ruhig erzählte Hommage an die Liebe, die in einigen Szenen arg kitschig geraten ist. Dass dieses anrührende Märchen öfters an den Film "Good Bye Lenin!" erinnert, ist verzeihlich, denn es gibt eben auch einige Momente, die an Irrwitz kaum zu überbieten sind. Mit Hilfe von Rückblenden wird außerdem noch ein lange gehütetes Geheimnis enthüllt.

Tja, und dann die Musik: Da ist von ABBA und Boney M., über Bob Dylan bis hin zu Santana und Neil Young wirklich alles dabei. Das geht in die Beine, das macht dem Zuschauer, der die Musik noch kennt, ebensolchen Spaß wie den Darstellern. Irgendwann sagt Hartmut zu Erika: "Das glaubt uns keiner, wir haben Alzheimer mit Dschingis Khan besiegt!"

Für dich dreh ich die Zeit zurück