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Doku-Drama auf Arte Rasputin. Mord am Zarenhof

Grigori Rasputin war ein Bauernsohn aus Sibirien. Der Zar und die Zarin schätzten ihn. Seine Gegner hatten nur Hass für ihn übrig. Sie ermordeten den Mann, um den sich so viele Mythen ranken, schließlich auf brutale Weise. Von ihm berichtet eine TV-Dokumentation.

Von Andreas Heimann, dpa 09.12.2016, 23:01

Berlin (dpa) - Seine Geschichte ist fast unglaublich. Es ist eine Karriere aus dem Nichts bis ganz nach oben, der Aufstieg eines Bauernsohns aus Sibirien zum Berater am russischen Zarenhof.

Er wuchs auf in einem Dorf voller Armut und Dreck und hatte später Zugang zu den luxuriöstesten Adelspalästen St. Petersburgs. Wie hat Grigori Rasputin das geschafft? War er ein Magier? Konnte er Frauen verhexen und ihm hörig machen, die Zukunft vorhersagen und Krankheiten heilen? Es gibt zahlreiche Mythen und Legenden über den Mann mit dem dunklen Rauschebart, viele, die so merkwürdig klingen, als sei er eine Gestalt aus dem Mittelalter, nicht aus dem 19. und 20. Jahrhundert.

Das Doku-Drama "Rasputin. Mord am Zarenhof" von Eva Gerberding geht den zentralen Fragen nach, die sich mit dem ungewöhnlichem Leben des 1869 geborenen Wandermönchs verbinden, das immer noch Rätsel aufgibt und Platz für viele Spekulationen lässt. Arte zeigt den Film am Samstag (10. Dezember) um 20.15 Uhr. Nicht alle Fragen lassen sich beantworten, aber wie Eva Gerberding viele Puzzleteile zusammenfügt, ist genauso spannend wie informativ. Sie lässt einige Historiker zu Wort kommen, seine Biografin und seine Urenkelin.

Rasputin hat im Russischen Reich in extremer Weise polarisiert. Die einen hielten ihn für einen Heiler und Heiligen, verehrten ihn in einem Ausmaß, das vormodern und irrational erscheint. Die anderen verachteten und fürchteten ihn als Intriganten, Verführer und Alkoholiker. Es hieß, er feiere in Bordellen Orgien, er leiste sich zahllose Affären mit Frauen aus dem Adel und sei sogar der heimliche Geliebte der Zarin. Die Verehrung, die ihm die einen entgegenbrachten, korrespondierte mit dem Hass der anderen, die in Sachen übler Nachrede vor wenig zurückschreckten.

Fest steht, er war ein begabter Psychologe, ein anregender Erzähler. Er konnte mit Menschen umgehen, er hatte einen Draht zu Kindern, zu denen des Zaren zum Beispiel. Die Zarin selbst schwärmte davon, welche Wirkung er auf sie habe. Und er konnte die Blutungen ihres an Hämophilie erkrankten Sohnes Alexej stillen. Scheinbar ein Wunder, wahrscheinlich ein psychosomatischer Effekt.

Der Bauernsohn aus Sibirien, der mit 28 Jahren zu einer Pilgertour von Kloster zu Kloster aufbrach, verstand sich selbst als Gottesmann. In St. Petersburg wurde er schnell zum Darling gelangweilter adliger Frauen. Die Jahre vor dem dem Ersten Weltkrieg waren eine gute Zeit für Spiritisten. Russland war im Umbruch, 1905 gab es die ersten großen Arbeiterdemonstrationen vor dem Winterpalast des Zaren, 1909 musste der Autokrat Nikolaus II. Rede- und Versammlungsfreiheit gewähren und einem Parlament zustimmen.

So mythenumrankt wie sein Leben war auch Rasputins Tod: "Ich fühle, dass ich noch vor dem 1. Januar sterben werde", schrieb er 1916. Am 16. Dezember wurde er in den prunkvollen Adelspalast der Familie Jussopow in St. Petersburg eingeladen. Die Verschwörer, die ihn loswerden wollten, versuchten ihn zu vergiften - ohne Erfolg, heißt es. Er starb durch drei Kugeln - eine wohl aus nächster Nähe in die Stirn - und soll zuvor stundenlang gefoltert worden sein.

Hatte der britische Geheimdienst seine Finger im Spiel? Schließlich wäre es für Großbritannien eine bedrohlich Perspektive gewesen, wenn sich Russland und Deutschland auf einen Separatfrieden geeinigt hätten. In jedem Fall wollte man Rasputin beseitigen, dessen Einfluss auf das Zarenhaus vielen ein Dorn im Auge war.

Rasputin hatte auch das Ende Russlands und den Tod der Zarenfamilie vorausgesagt. Nikolaus II. blieb nach Rasputins Tod nur noch zwei Monate auf dem Thron und wurde mit seiner Familie im Juli 1918 ermordet. Prophetie war das wohl nicht, aber Rasputin hatte auf tragische Weise wieder einmal das richtige Gespür für Gefahren gehabt, die viele andere nicht sehen wollten.