Zwei Paare - ein Chaos Zug um Zug

Eine verbotene Liebe. Er hat Frau und Familie, sie will ihren Geliebten heiraten - und dann spielt ihnen der Zufall einen Streich. "Zug um Zug" kommen sich zwei Menschen näher.

23.02.2017, 23:01

Berlin (dpa) - Carl ist Immobilienmakler, lebt in einem Vorort von London, hat eine Frau und zwei Kinder. Morgens schneidet er sich beim Öffnen des Katzenfutters die Finger an der Dose, vorm Spiegel stellt der etwa 50-Jährige fest, wie "alt und grau" er doch geworden ist.

Wenn Carl (David Morrissey) dann das Haus verlässt, reagiert keiner auf seinen Abschiedsgruß. Er liebt seine Familie trotzdem.

Sally wohnt gut einen Kilometer von Carl entfernt. Sie kennen sich nicht. Sally (Sheridan Smith) ist Single, war aber schon mal verheiratet. Sie pendelt ebenso wie Carl täglich nach London, wo sie ein Sportstudio leitet. Ihr Freund will sie unbedingt heiraten und plant für die Hochzeit einen gigantischen Aufwand. Darüber streiten die beiden regelmäßig. Sally liebt ihren Ryan trotzdem.

"Zug um Zug" heißt der englische Fernsehfilm mit Szenen aus dem ganz normalen englischen Alltag, den Arte an diesem Freitag (20.15 Uhr) zeigt. Der Familienvater Carl und die Sportstudiobetreiberin Sally besteigen jeden Tag um 7.39 Uhr wie viele andere die Bahn in die Hauptstadt - und geraten eines Tages aneinander. Im Kampf um einen der begehrten Sitzplätze kommt es zum Streit vor Antritt des Zwei-Stunden-Ritts.

"Verzeihung, Sie sitzen auf meinem Platz!", giftet Carl Sally an. "Ich wollte nur gerade meinen Mantel oben ablegen." Sally kontert: "Ist der etwa reserviert?" Bevor es zum größeren Ärger kommt, bietet ein anderer Mann ihr einen freien Platz mit den Worten "Ich muss eh die nächste Station raus" an. Am nächsten Tag entschuldigt sich Carl für seinen ungalanten Auftritt.

Das ist der Augenblick, in dem sich beide fortan Stück für Stück näher kommen. Täglich treffen sie sich im Zug. Sie rechnen aus, dass sie mit allen anderen Mitfahrern mehr Zeit verbringen als mit Partner oder Familie - nämlich an 250 Pendeltagen insgesamt rechnerisch 37 volle Tage pro Jahr. Sie empfehlen sich Bücher, sie plaudern - und eines Tages kommen sie abends nicht nach Hause, sondern hüpfen in London gemeinsam in ein Hotelbett.

Der Film "Zug um Zug" erzählt eine ungewöhnlich normale Geschichte, wie sie sich tausendfach ereignen könnte, wenn Menschen ihre strikte Disziplin aufgeben, ihren Gefühlen nachgeben und aus dem engen Korsett der Konventionen ausbrechen, wenn sie es wollten. Der TV-Autor David Nicholls lässt dann auch das Chaos aufziehen - inklusive Zerrüttung, Entlassung und Schlägerei.

Die deutschen Kritiker urteilen zumeist positiv über den gefühlvoll, gar nicht dick aufgetragenen Alltagsstoff mit melodramatischen Zügen. "Kluge Lovestory" schreibt die Programmzeitschrift "TV Spielfilm". "Sensibel und realistisch", meint die "Hörzu" und: "großartig gespielt." In der Hauptrolle des Familienvaters Carl, der sich jeden Tag für Frau und Kinder aufreibt, spielt David Morrissey (52), den deutsche Serienfans von einem völlig konträren Auftritt kennen: Im Horrorepos "The Walking Dead" spielt er den grausamen "Governor", der über Leichen geht, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.

Zug um Zug