1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. TV & Streaming
  6. >
  7. Zwei Leben. Eine Hoffnung

Zwei Leben. Eine Hoffnung

Dem viel diskutierten Thema Organspende widmet Sat.1 das Drama Zwei Leben. Eine Hoffnung. In ihrer Rolle als Chirurgin zeigt Annette Frier, dass sie mehr kann, als nur witzig zu sein.

Von Gisela Gross, dpa 07.03.2016, 23:01

Berlin (dpa) - Völlig unvermittelt bricht eine Passantin auf der Straße zusammen. Die Ärzte in der Klinik sagen ihrem Mann, dass sie nichts mehr ausrichten könnten. Und fragen, ob sie ihr Organe zur Spende entnehmen dürfen.

Entsetzter Blick. Entschuldigend die Ärzte: Es müsse jetzt alles ganz schnell gehen. Eine Leber plumpst in einen Plastikbeutel. Dann klingeln mitten in der Nacht die Telefone, in der Familie des lebergeschädigten Jugendlichen Frank (Valentino Fortuzzi) und in der Klinik, wo Ärztin Dr. Hellweg (Annette Frier) ein Nickerchen hält. Bereitmachen zur OP.

Schon die ersten Szenen des Sat.1-Dramas Zwei Leben. Eine Hoffnung am Dienstag (8. März, 20.15 Uhr) werfen dessen zentrale Frage auf: Was ist ein Mensch bereit, für einen anderen zu geben? Später im Film wird sich das auch Frank, 17, fragen. Denn er freundet sich in der Klinik zaghaft mit der kosovarischen Asylbewerberin Dafina (Barbara Prakopenka) an. Sie ist wie er auf eine Spenderleber angewiesen und von gelbstichiger Haut gezeichnet. Wer das Organ bekommt, darauf haben sie keinen unmittelbaren Einfluss.

Mit der überspitzten Geschichte von Frank, Dafina und Ärztin Hellweg führt Sat.1 einem breiten Publikum ein Thema vor Augen, das sonst ebenso wie der unausgefüllte Organspendeausweis lieber erst einmal beiseitegeschoben wird. Zur besten Sendezeit geht es um das Warten auf ein Organ - oder den Tod. Um die Frage, ob Dafinas Mutter einen Teil ihrer Leber spenden kann. Um den von Franks Vater erdachten Ausweg, in Indien für zig Tausend Dollar eine Leber zu kaufen. Um den schmalen Grat, auf dem sich Ärzte zuweilen bewegen, und um Situationen, in denen auch sie machtlos sind.

Dass schummelnde Mediziner der Organspende in den vergangenen Jahren einen Bärendienst erwiesen haben, wird natürlich nicht ausgespart. Was wollen Sie? Geld?, fragt etwa Franks Mutter an einem Punkt völlig verzweifelt in Richtung Oberarzt. Der Vorwurf, käuflich zu sein, verfolgt die Ärzteschaft noch Jahre nach den Skandalen, bei denen Patienten zum Beispiel kränker erscheinen sollten als sie tatsächlich waren. Das Ziel: schneller an ein Organ kommen.

Das Misstrauen belegen die Zahlen: Gerade einmal 877 Organspender gab es 2015 bundesweit, transplantiert werden konnten rund 3000 Organe - bei mehr als 10 000 wartenden Patienten. Zuvor war die Bereitschaft zur Spende noch weiter eingebrochen. Bis zu drei Menschen auf der Warteliste sterben nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) jeden Tag. Und lediglich etwa ein Drittel der Deutschen hat einen Organspendeausweis, auf dem man der Verwendung der Organe nach dem Tod zustimmen oder widersprechen kann.

Vertrauen zurückzugewinnen dauert, auch wenn das Regelwerk der Organspende und Kontrollen inzwischen verschärft wurden, wie Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) bei der Präsentation des Films sagte. Gröhes Ministerium war Partner von Sat.1, ebenso wie die DSO, die die Organspende hierzulande koordiniert.

Man muss dem Film zugutehalten, dass er keine Haltung zum Thema propagiert, sondern das Für und Wider zeigt. Zwar dürften viele mit den jungen, verzweifelten Schwerkranken sympathisieren. Doch Autor Benedikt Röskau legt auch um der Spannung Willen viel Gewicht auf die Tatsache, dass ein verfügbares Organ nicht zwangsläufig der Rettung des Empfängers gleichkommt. Unterhaltsam ist das, doch der Film wirkt bisweilen überfrachtet angesichts der vielen Eventualitäten.

Annette Frier (42, Dani Lowinski, Wochenshow) empfiehlt sich als abgeklärt-kämpferische und auch teils emotionale Chirurgin für seriöse Rollen. Das Flachsen kann sie aber nicht ganz lassen: Natürlich wollte ich schon immer Organe entnehmen, sagte sie hochironisch im Sat.1-Interview. Und dann aufrichtig: Um sich vorzubereiten habe sie Videos aus Operationssälen geguckt und sich erstmals mit Gegenargumenten zur Organspende beschäftigt. Behalten hat sie ihren Organspendeausweis trotzdem. Wenn ich bereit bin zu nehmen, muss ich auch bereit sein zu geben.