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Uschi Glas: Früher waren die Geschichten liebevoller

Für Uschi Glas waren die Dreharbeiten zu ihrem neuesten TV-Film Rosamunde Pilcher: Vollkommen unerwartet im englischen Cornwall eine hübsche Abwechslung. Denn hierzulande ist sie vor allem mit ihrem sozialen Engagement beschäftigt.

Von Interview: Klaus Braeuer, dpa 03.10.2015, 23:01

Hamburg/Berlin (dpa) - Schauspielerin Uschi Glas (71) ist nach längerer Pause einmal wieder im Fernsehen zu sehen: am Sonntag (20.15 Uhr) im ZDF-Film Rosamunde Pilcher: Vollkommen unerwartet. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa spricht sie über ihre Mutterrolle in diesem Film, was sie in der heutigen TV-Landschaft vermisst und warum ihr Herz so sehr an ihrem Verein brotZeit hängt.

Frage: Margret Miller in Vollkommen unerwartet - was ist das für eine Frau?

Antwort: Margret ist eine jung gebliebene, wache, selbstständige Frau, die durchaus vom Leben noch etwas erwartet und sich in keiner Weise abgestellt oder alt fühlt. Sie sieht das Leben realistisch und hat dabei schon ihre eigenen Vorstellungen. Sie will sich aber auch nicht an Personen klammern oder am Unternehmen um jeden Preis festhalten, sondern gibt die Verantwortung nun ab an ihre beiden Söhne.

Frage: Wie ist Ihr Eindruck von der heutigen TV-Landschaft?

Antwort: Ich schaue nur sehr gezielt fern, und dann meistens Sport mit meinem Mann zusammen, insofern habe ich da keinen wirklichen Überblick. Aber soviel kann ich schon sagen: Früher waren die Geschichten liebevoller erzählt, die Dialoge waren ausgefeilter, das fehlt mir heute schon. Aber ich weiß auch, dass die Produktionen unter einem großen Druck stehen, früher hatten wir ja auch viel mehr Zeit zum Drehen.

Frage: Was vermissen Sie bei den heutigen TV-Filmen am meisten?

Antwort: Eine klare Story, ohne zu viele Nebenschauplätze. Es reden einfach viel zu viele Menschen mit hinein, die Autoren werden öfters ausgewechselt als früher. Damit werden die Stoffe verwässert, und die eigentliche Ursprungsidee geht immer mehr verloren. Ich vermisse ganz klar die Wertschätzung der Drehbuchautoren. Heute wird einfach viel zu viel an einem Drehbuch herumgebastelt - und wenn man ganz ehrlich ist, dann steht und fällt ein Film doch mit einem guten Drehbuch. Deshalb bräuchte man wirklich höhere Etats für Drehbücher, und die Autoren sollten in ihrer Arbeit gestärkt werden mit mehr Vertrauen und mit mehr Zeit.

Frage: Das klingt schon ein wenig nach Früher war doch alles besser.

Antwort: Naja, ich will jetzt auch nicht zu viel jammern. Aber ich habe ja früher auch als Co-Autorin mitgearbeitet bei den Sat.1-Serien Anna Maria oder Sylvia - Eine Klasse für sich. Und da hat man halt ziemlich schnell gesagt: Das ist gut, so machen wir das jetzt. Insgesamt habe ich aber wirklich viele tolle Sachen machen können, bei allen Sendern: Ein Schloss am Wörthersee (RTL), Zwei Münchner in Hamburg (ZDF) oder Zwei am großen See (ARD). Von dieser Vergangenheit kann ich insofern tatsächlich nur schwärmen. Aber das ist ja schon ein paar Jahre her, jetzt läuft das halt alles anders.

Frage: Werden die TV-Angebote mit zunehmendem Alter weniger?

Antwort: Das kann schon sein, dass es ein bisschen weniger ist als früher. Aber das bekomme ich ehrlich gesagt gar nicht so richtig mit, weil ich meine sozialen Projekte habe. Das mag dann den Eindruck erwecken, ich würde gar nicht mehr fürs Fernsehen arbeiten, aber das stimmt natürlich nicht. Ich drehe nach wie vor gerne Filme, und wenn die Rolle stimmt, dann geht's auch los. Aber natürlich muss es auch zeitlich passen, und da ist es schon öfters recht eng.

Frage: Sie nehmen sich viel Zeit für Ihr soziales Engagement.

Antwort: Da sagen Sie was. Seit vielen Jahren bin ich jetzt die Schirmherrin der Deutschen Stiftung Patientenschutz; sie ist bundesweit die einzige unabhängige Patientenschutzorganisation, die sich für schwerstkranke, pflegebedürftige und sterbende Menschen einsetzt. Derzeit beschäftigt sich ja der Deutsche Bundestag mit der Neuregelung der Suizidbeihilfe. Die Stiftung fordert, dass die Suizidbeihilfe grundsätzlich straffrei bleiben muss und lediglich die organisierten Suizidangebote verboten werden sollten. Unsere Arbeit dort ist also sehr aktuell und wichtiger denn je.

Frage: Und dann setzen Sie sich ja auch ganz besonders für Kinder ein.

Antwort: Oh ja, da hängt mein Herz inzwischen schon richtig dran. Das gilt insbesondere für den Verein brotZeit, den ich vor sechs Jahren mit meinem Mann und Freunden gegründet habe. In bundesweit jetzt sieben Förderregionen geben wir an insgesamt 155 Schulen Brot und Zeit - genauer gesagt bereiten unsere Senioren/innen das Frühstücksbuffet im Speisesaal der Schule vor. An gedeckten Tischen nehmen die Kinder ein reichhaltiges Frühstück ein. Die Senioren/innen sind für die Kinder Familienersatz, die ihnen Wärme und Geborgenheit vermitteln. Wir arbeiten inzwischen in Bayern und Hamburg mit der Regierung zusammen. Das ist eine riesige Aufgabe, die mir aber auch wirklich riesigen Spaß bereitet.

ZUR PERSON: Uschi Glas wurde am 2. März 1944 in Landau an der Isar geboren. Mitte der 60er Jahre bekam sie erste Rollen im Deutschen Film: Der unheimliche Mönch und Winnetou und das Halbblut Apanatschi. Bekannt wurde sie als Barbara in Zur Sache, Schätzchen (1968). In den 70er Jahren wechselte Uschi Glas ins Fernsehen und spielte unter anderem in Zwei Münchner in Hamburg und Anna Maria mit. Glas hat aus ihrer Ehe (1981-2003) mit Bernd Tewaag (70) drei Kinder: Benjamin (39), Alexander Christoph (33) und Julia (28).