1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Mehr Unfälle beim Trampolinspringen

"Gefahr wird unterschätzt" Mehr Unfälle beim Trampolinspringen

Trampoline stehen in immer mehr Gärten. Mit der Zahl der Geräte steigt auch die Zahl der Unfälle bei Kindern und Jugendlichen. Chirurgen mahnen zur Vorsicht.

Von Matthias Brunnert, dpa 12.07.2017, 12:49

Göttingen (dpa) - Mehr Kinder und Jugendliche werden beim Trampolinspringen schwer verletzt. "Die Zahl der Verunglückten steigt von Jahr zu Jahr", sagt der Unfallchirurg Christopher Spering von der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). Hauptgrund: "Die Gefahr beim Trampolinspringen wird unterschätzt."

Bereits 2014 hatte eine exemplarische Untersuchung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) in einer Klinik gezeigt, dass sich die Zahl der Trampolinunfälle dort innerhalb von 15 Jahren mehr als verdreifacht hat.

Grund sei einerseits die immer weiter steigende Zahl von Trampolinen, sagt Spering, der bei der DGOU für Prävention zuständig ist. Kindern und deren Eltern sei aber auch vielfach leider nicht bewusst, dass ein Trampolin kein Spiel-, sondern ein Sportgerät ist. Unfallzahlen für ganz Deutschland hat die DGOU nicht.

In der Universitätsmedizin Göttingen, die einen Einzugsbereich von rund 100 Kilometern hat, müssten in den Frühjahrs- und Sommermonaten Dutzende junger Patienten mit Knochenbrüchen, Gehirnerschütterungen, Platzwunden oder Verstauchungen behandelt werden, sagt Spering. "Wir haben im Schnitt jeden Tag ein Kind, das beim Trampolinspringen verunglückt ist und deshalb in die Notaufnahme kommt", sagt er über die Unfälle im Frühjahr und Sommer.

Der Boom bei Gartentrampolinen habe vor etwa 15 Jahren eingesetzt, berichtet Sven Esslinger, der mit seiner Firma die oft in China gefertigten Geräte vertreibt. Die Verkaufszahlen seien innerhalb weniger Jahre um das 25-Fache nach oben geschnellt. Käufer seien vor allem Familien mit Kindern und eigenem Grundstück.

Die Verletzungen, die sich Kinder und Jugendliche auf den Gartentrampolinen zuziehen, sind auch beim Deutschen Turnerbund (DTB) ein Thema: "Die Gefahr kommt aber nicht von den Geräten selbst", sagt der Bundestrainer für das Trampolin-Turnen beim DTB, David Pittaway. "Das Problem ist die falsche Nutzung." Nach seiner Erfahrung gebe es Unfälle vor allem, wenn mehrere Kinder gleichzeitig springen, sagt Pittaway. "Wenn man ein Gartentrampolin vernünftig benutzt, ist es auf gar keinen Fall gefährlich."

"Besonders verletzungsgefährdet sind Kleinkinder", berichtet Prof. Peter Schmittenbecher, der Leiter der Sektion Kindertraumatologie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie. Dies liege an den noch unzureichend ausgebildeten koordinativen und motorischen Fähigkeiten der Kleinen. Zudem seien deren Gelenke noch äußerst instabil.

Am gefährlichsten seien dabei Stürze auf den Boden, gefolgt von Stürzen auf den Trampolinrand und die Stahlfedern, haben die Fachleute der DGOU festgestellt. Trampolinspringen sei bei den Ein- bis Sechsjährigen inzwischen eine der häufigsten Ursachen bei Unfällen mit Sport- oder Freizeitgeräten.

Die DGOU rät deshalb, Kinder vor dem sechsten Lebensjahr nicht auf ein Gartentrampolin zu lassen. "Eltern sollten sich darüber im Klaren sein, dass ein Trampolin keine Kinderbetreuungsstätte ist", sagt Präventions-Experte Spering.

Problematisch werde es, wenn mehrere Kinder auf dem Trampolin springen. Es komme dann oft zu Zusammenstößen, sagt Spering. Wenn ein kleines und ein großes Kind gemeinsam springen, könne es wegen des Gewichtsunterschieds zu einem Katapult-Effekt kommen, der für die Kleinen gefährlich enden könne. "Erwachsene sollten in jedem Fall aufpassen, dass Kinder und Jugendliche auf den Trampolinen keinen Blödsinn machen", rät Bundestrainer Pittaway.

Um die Unfallgefahr zu bannen, empfiehlt die DGOU, Kinder erst ab dem sechsten Lebensjahr, am besten alleine und dann nur unter Aufsicht springen zu lassen. Grundsätzlich, so erläutert der stellvertretende DGOU-Generalsekretär Prof. Bernd Kladny, sei das Trampolinspringen nämlich gut für die Stärkung der kindlichen Muskulatur und könne ein Ausgleich zum häufig bewegungsarmen Alltag von Kindern und Jugendlichen sein.

DGOU-Mitteilung