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Je suis Charlie: Warum Karikaturisten sterben mussten

Karikaturisten sterben in Paris im Kugelhagel islamistischer Terroristen. Ein Dokumentarfilm rekonstruiert den Anschlag auf die Satirezeitung Charlie Hebdo im Januar und hinterfragt: Was darf Satire und was nicht?

Von Sabine Glaubitz, dpa 02.01.2016, 13:37

Paris (dpa) - Menschen, die Je suis Charlie-Plakate tragen. Junge Menschen, alte Menschen, Franzosen, Nordafrikaner, Christen, Juden und Muslime. An jenem 11. Januar spielte Hautfarbe und Religion keine Rolle.

Millionen von Menschen waren vereint im Protest gegen den Anschlag auf die Meinungsfreiheit und im Gedenken an die Opfer des Terroranschlags auf die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris. Am 7. Januar 2015 verloren im Kugelhagel von islamistischen Extremisten zwölf Menschen ihr Leben, darunter acht Redaktionsmitglieder und Karikaturisten.

In der Dokumentation, die zum Jahrestag des Blutbads in Deutschland startet, kommen Überlebende, Opfer, Journalisten und Philosophen zu Wort. Denn der 90-minütige Film will mehr nur als das schreckliche Ereignis rekonstruieren. Daniel Leconte und sein Sohn Emmanuel stellen in der Doku die Frage, wie weit Satire gegen darf. 

Der Film setzt mit dem 11. Januar ein, jenem Tag, an dem allein in Paris mehr als 1,5 Millionen Menschen in Trauermärschen ihre Solidarität mit den Opfern des Anschlags bekundeten. Ein Massenauflauf gegen den Terror und für Toleranz und Meinungsfreiheit. Daniel und Emmanuel Leconte zeigen keine Bilder der mit Kugeln durchlöcherten Leichen und Horror-Szenen, die dem Angriff folgten. Sie fragen vielmehr nach dem Warum dieses Blutbads.

Charb, Cabu, Wolinski: Karikaturisten, die bei dem Anschlag auf Charlie Hebdo in Paris starben. In der Doku kommen sie wieder zu Wort. Die Regisseure haben Archivmaterial aus den vergangenen 20 Jahren zusammengetragen, vor allem Interviewausschnitte aus dem Jahr 2006/2007. Damit schlagen sie den Bogen zu der langen Vorgeschichte des Dramas. Denn seit dem Nachdruck der Mohammed-Karikaturen der dänischen Jyllands-Posten erhielt die Redaktion verstärkt Droh-Emails. Am 2. November 2011 wurde auf die Zeitung auch ein Brandanschlag verübt.

Allah sei groß genug, um Mohammed alleine zu verteidigen, erklärte Stéphane Charbonnier in einem der aufgezeichneten Gespräche. Der Chefredakteur, der unter dem Künstlernamen Charb auftrat, stand unter Polizeischutz. Auch sein Bodyguard Franck Brinsolaro kam bei dem Anschlag ums Leben.

Besonders bewegend ist das Zeugnis von Corinne Rey. Die Zeichnerin gehört zu den Überlebenden des Blutbads. Eine Kalaschnikow an der Schläfe, hatte sie den Code eingetippt, der die Tür öffnete, durch die die Terroristen in die Redaktionsräume gelangten. Viele hätten sie für feige gehalten, aber in diesem Moment konnte sie nicht anders handeln, erklärt sie unter Tränen.

Die junge Frau stand vor der Eingangstür des Gebäudes. Sie hatte den Konferenzraum verlassen, um eine Zigarette zu rauchen. Das Schicksal hänge wirklich am seidenen Faden, wie sie stockend erzählt. Das Tak Tak der Waffe sei ein fürchterliches Geräusch gewesen. 

Je suis Charlie, Frankreich 2015, 90 Min., FSK o.A., von Daniel und Emmanuel Leconte, mit Elisabeth Badinter, Gérard Biard, Marisa Brel

Je suis Charlie