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Sektion Berlinale Special Regisseur Geschonneck: Geschichte ist wiederholbar

Sein Film mit Bruno Ganz erzählt vom Ende der DDR - im Interview zur Berlinale-Premiere spricht Regisseur Geschonneck über die Parallelen, die er zur Gegenwart zieht.

Von Interview: Aliki Nassoufis, dpa 16.02.2017, 17:08

Berlin (dpa) - Mit dem angeblich schnellsten Fahrstuhl Europas geht es in einem der Hochhäuser am Potsdamer Platz rauf in den 24. Stock.

Regisseur Matti Geschonneck, dessen Film "In Zeiten des abnehmenden Lichts" am Donnerstagabend Premiere in der Sektion Berlinale Special feiert, gibt dort im Panoramacafé mit Blick über die Hauptstadt ein Interview.

Er habe den Film erst vor knapp zwei Wochen fertiggestellt, erzählt der 64-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Noch im Januar habe er Winteraufnahmen in der Ukraine gedreht. Nun freue er sich über die Premiere bei der Berlinale. "Das ist eine tolle Plattform, der Film gehört hierher nach Berlin."

"In Zeiten des abnehmenden Lichts" nach dem Bestsellerroman von Eugen Ruge erzählt von einem ranghohen SED-Funktionär (Bruno Ganz), dessen Leben kurz vor der Wende im Herbst 1989 aus den Fugen gerät. In weiteren Rollen sind Alexander Fehling und Sylvester Groth zu sehen.

Frage: Sie sind in der DDR geboren, gingen aber Ende der 1970er Jahre in die Bundesrepublik. Wie haben Sie dann die Wende erlebt?

Antwort: Ich war hier bei meinem Stiefvater in Berlin. Das war aber reiner Zufall. Keiner hat damals gewusst, dass es passiert, aber dass etwas passiert. Das kam dann für alle überraschend. (...) Ich habe es (Anm.: von der Öffnung der Grenzen) dann schon in der Nacht gehört.

Frage: Der letzte Satz im Film - nach der Wende - ist eine Frage: "Haben wir alles verdorben?" Was meinen Sie: Erklärt das das Ende der DDR?

Antwort: Ich glaube, das sind Zyklen, die sich in der Geschichte der Menschheit immer wiederholen. Ich habe bei diesem Satz natürlich an die DDR gedacht, an das System und die gescheiterte Utopie des Kommunismus (...). Ich glaube aber, dieser Satz geht weiter darüber hinaus, als dass er sich nur auf das Scheitern der DDR bezieht. Ich glaube, dass diese Geschichte wiederholbar ist.

Frage: Welche Parallelen sehen Sie zu heute?

Antwort: Es sind ja Umbrüche. Wir befinden uns gerade in einer Zeit, wo niemand weiß, wie es weitergeht und ob es so weitergeht. (...) Ich will nicht sagen, dass wir am Ende einer Epoche oder in einem gesellschaftlichen Umbruch sind, aber wir spüren deutlich die Anzeichen. (...) Ich glaube, wir sind uns in der Welt sehr schnell klar geworden darüber, dass "etwas" passiert und sich bewegt. Dass es nicht so bleiben wird, wie es war. Wir alle sind überrascht, obwohl wir alle wussten, dass es passiert. Nicht, was passiert, aber dass es passiert. Das Interessante an den Menschen ist ja, dass wir es auf uns zukommen lassen.

ZUR PERSON: Matti Geschonneck wurde 1952 im brandenburgischen Potsdam geboren und wuchs in der DDR auf. Ende der 1970er Jahre ging er in die Bundesrepublik. Geschonneck drehte mehrere Folgen der Krimiserie "Tatort" und führte bei zahlreichen Filmen fürs Kino und Fernsehen Regie. Dazu gehört auch die Komödie "Boxhagener Platz", die vom Ostberlin der 60er Jahre erzählt. Er gewann mehrere TV-Preise, darunter die Goldene Kamera und den Adolf-Grimme-Preis.

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